«Jedes Ende ist ein Anfang»

Die in Zumikon und Zollikon familiär verwurzelte Block­flötistin Lydia Dietrich hat für ihre Masterarbeit an der Zürcher Hochschule der Künste ein fünfköpfiges Ad-­hoc-Orchester zusammengestellt. Dank dem Auftritt bei «Mittendrin bei Fröhlich» hat sich die Formation «Ensemble Vivacité» einen Namen gemacht.

mittendrin.froehlich.ch

Lydia, du hast Blockflöte studiert. Was fasziniert dich als 26-jährige Frau an diesem Instrument mit dem Kinderinstrument-Image?

Ich wusste schon als Mädchen, dass ich einmal Blockflötenlehrerin werden möchte. Meine Kindheit war von vielen Umzügen und der Integration in immer neue Schulen und Klassen geprägt. Da war der Blockflötenunterricht eine wichtige Konstante und mein absolutes Lieblingsfach. Das Instrument entspricht meinem Naturell. Die Blockflöte ist bodenständig verwurzelt, natürlich und grundehrlich. Ich begreife die Flöte als Erweiterung der Stimme. Die Blockflöte wird gerne unterschätzt, und die unmittelbare Nähe und Intimität schreckt viele ab. Ich habe aber nicht das Gefühl, dass ich die Blockflöte gegen irgendein kurzsichtiges Image verteidigen müsste.

Du hast im Mai deine Masterarbeit an der ZHdK im Studium der Instrumentalpädagogik der französischen Barockmusik gewidmet und dafür ein Ensemble zusammengestellt. Was hat es mit dem Projekt «Ma fin est mon commençement» auf sich?

Dass jedes Ende einen Anfang bedeutet, beschreibt meinen Wendepunkt zwischen Studium und Beruf. Der französische Barock ist für uns Musikerinnen und Musiker handwerklich enorm anspruchsvoll. Genau diese Herausforderung hat mich gereizt. So habe ich in der Hochschule einen Aufruf lanciert und konnte ein international durchmischtes Ensemble zusammenstellen. Neben meiner Studienkollegin Anna Hamberger an der Viola da Gamba stiess der Bündner Alvin Devonas am Cembalo, der Argentinier Nicolás Gagliani an der Laute sowie die Japanerin Chiaki Zimmer an der Traversflöte dazu. Es war ein Experiment, denn wir kannten uns kaum. Am Anfang haben alle gestöhnt, warum ich mit Werken von Jean-Philipp Rameau und François Couperin ausgerechnet die schwierigsten Stücke ausgewählt habe, die der französische Barock hergibt. Zudem haben wir alles unisono mit verdoppelten Stimmen gespielt, was sehr fragil ist und eine enorm gute Abstimmung erfordert. Aber alle wussten, worauf sie sich einliessen, und die intensive Probenarbeit hat uns zusammen­geschweisst. Die Werke in Zollikon vor Publikum zu präsentieren, bedeutet mir aufgrund meiner ­familiären Wurzeln in Zumikon und Zollikon besonders viel. Die Einladung hat uns quasi gezwungen, unserer Formation überhaupt einen Namen zu geben. Die Einladung war ein Glückstreffer und hat uns alle sehr belebt. Da wir mit unserer Musik auch das Publikum beleben möchten, nennen wir uns seither «Ensemble Vivacité».

Wie hast du den Auftritt in Erinnerung?

Es war mega, nach der doch schwierigen Corona-Zeit endlich wieder gemeinsam öffentlich auftreten zu können. Unvergesslich ist mir eine Zuhörerin, die nach dem Konzert auf mich zugekommen ist und mir sagte, dass ihr der Klang meiner Blockflöte so nah und ehrlich direkt ins Herz gegangen sei. Das ist beglückend. Der Mittendrin-Auftritt hat ein Pflänzchen gesetzt und ermöglicht uns dank der professionellen Video-Aufzeichnung, auf unsere Arbeit aufmerksam zu machen. Wir möchten jedenfalls auch künftig zusammen musizieren und uns als Ensemble Vivacité auf die Interpretation barocker Werke auf historischen Instrumenten spezialisieren. Damit ist für mich auch klar, dass ich in Zukunft nicht nur als Blockflötenlehrerin arbeiten, sondern mich auch als freiberufliche Musikerin weiterentwickeln möchte.

Mit Lydia Dietrich sprach Simon Bühler


Mittendrin: Kultur bei Fröhlich

Junge Kunstschaffende haben durch Corona ihre Bühne verloren. Die Fröhlich Info AG solidarisiert sich mit den Talenten, öffnet ihnen die Türe und stellt ihnen den Maschinenraum für Projekte zur Verfügung. Eine Plattform mittendrin, die es ihnen ermöglicht, sich der Öffentlichkeit zu präsentieren. Sie arbeiten künstlerisch, stehen am Anfang Ihrer beruflichen Laufbahn und möchten in unseren Räumlichkeiten Ihr Können zeigen? Schreiben Sie uns eine E-Mail: redaktion@zobo.ch