Der eigenen Gemeinde am nächsten

Die Zolliker Schulvorsteherin Corinne Hoss-Blatter blickt auf ihr erstes Jahr im Kantonsrat zurück.

Nach ihrem ersten Jahr im Kantonsrat weiss Corinne Hoss-Blatter, dass man in diesem Gremium viel Geduld braucht. (Bild: Archiv)

Sie sind seit genau einem Jahr ­Mitglied des Zürcher Kantonsrats. Worauf sind Sie besonders stolz?

Stolz würde ich sein, wenn meine Wählerinnen und Wähler mich im Jahr 2023 in meinem Amt bestätigen würden. Dann habe ich etwas richtig gemacht. Sehr feierlich empfand ich meine Vereidigung vor einem Jahr, welche noch im Zürcher Rathaus stattfinden durfte.

Was haben Sie in diesem Jahr dazugelernt?

Geduld (lacht). Interessant war die Erkenntnis, dass die Hauptarbeit nicht am Montag im Kantonsratssaal anfällt, sondern hinter den ­Türen in den Kommissionen – ich bin Mitglied der Geschäftsprüfungskommission – und in der Fraktion.

Sie sind auch Gemeinderätin in Zollikon. Wo sehen Sie die grössten Unterschiede zwischen dieser Funktion und jener im Kanton?

Die Unterschiede sind frappant, es sind ja auch verschiedene Gewalten. In der Exekutive müssen wir Vorgaben umsetzen, aber wir können auch Spielräume gestalten. Der Gemeinderat ist ein kleines Team, arbeitet mit Blick auf das Wohl der Gemeinde und kann etwas bewegen. In der Legislative finden lange Debatten in grossem Kreis statt.

Oft geht man daraus mit einem Kompromiss hervor, der aber am Schluss niemanden so ganz zufriedenstellt. Alles dauert, es werden Vorstösse behandelt, die zum Teil Jahre zurückliegen. Die momentane Lage hat das Tempo aber gesteigert, Vorstösse und Gesetze sind in den letzten Monaten schnell und effizient verabschiedet worden. Ich denke zum Beispiel an das Gesetz über Urnenabstimmungen in Versammlungsgemeinden während der Corona-Pandemie oder das Härtefallprogramm.

Inwiefern können Sie im Kantonsrat Zolliker Interessen vertreten?

Themen wie die Planung des Uferbereichs in der Bau- und Zonenordnung oder der Spurabbau an der Bellerivestrasse haben direkt Einfluss auf unsere Gemeinde. Da steht einem als Gemeinderätin im Kantonsrat natürlich die eigene Gemeinde am nächsten und man hat wenig Gehör für Kompromisse. Generell ist es wichtig, die Sicht der Gemeindeexekutiven in die Debatten einzubringen. Oft werden Themen diskutiert, die vernünftig klingen. Müssen dann aber die Gemeinden die ganzen Kosten tragen, ohne mitreden zu können, verändert sich der Blickwinkel rasch. Ich darf sagen, dass meine Erfahrung als Gemeinderätin einen wichtigen Hintergrund für meine Arbeit im Kantonsrat bildet.

Mit Corinne Hoss-Blatter sprach Tobias Chi