«Gesunde Mischung aus Leistung und Lässigkeit»

Dominique Jacob auf einem Boot
Dominique Jacob führt ein prall gefülltes Leben. (Bild: zvg)

Der Zolliker Dominique Jakob ist Professor für Privatrecht sowie Leiter des Zentrums für Stiftungsrecht an der Uni­versität Zürich. Der akademische Ausweis des 49-Jährigen liest sich eindrücklich. Als Verfasser unzähliger Publika­tionen ist er gefragter Referent im In- und Ausland und Berater auf seinem Spezialgebiet des Stiftungsrechts.

Dominique Jakob, Sie sind in ­München aufgewachsen, haben dort auch promoviert und sind in Ihrer Laufbahn bereits viel herumgekommen. Was hat Sie schlussendlich in die Schweiz nach Zollikon geführt?

Ich wollte schon immer einen individuellen Weg gehen. Meine Suche hat mich unter anderem nach New York, Bangkok und Rom gebracht, ehe ich in München als wissenschaftlicher Assistent promovierte und habilitierte. Ich habe mich eher als bunten Vogel gesehen, der ­irgendwann «raus» wollte. Als ich dann gleichzeitig einen Ruf der Universität Hamburg sowie der Universität Zürich erhielt, fiel mir die Entscheidung nicht schwer, nach Zürich zu kommen, wo mein Naturell meines Erachtens besser hinpasste.

Mit 35 Jahren haben Sie hier Ihre Stelle als Professor für Privatrecht angetreten. Wie wurden Sie als doch sehr junger Dozent aufgenommen?

Am Anfang war das gar nicht so einfach. Als Deutscher wollte ich mich auch stärker profilieren und durch Leistung zeigen, dass ich den Posten hier in der Schweiz verdient habe. Dabei habe ich versucht, die Lässigkeit nie zu verlieren und stets offen und freundlich auf die Menschen zuzugehen.

Sie sagen, Ihre Lässigkeit mache Sie gerade aus?

Ja, das war immer mein Ziel – eine gesunde Mischung aus Leistungsfähigkeit und Lässigkeit. Bereits in der Schule gehörte ich zu jenen, die gute Noten hatten, aber auch gerne Partys feierten. Ich denke, es ist wichtig, Freude an der Sache zu haben und sich nicht zu verkrampfen.

Also die Fähigkeit, die richtige ­Balance zwischen Arbeit und Genuss zu finden?

Genau, das ist sozusagen mein Lebensmotto. Wenn man das kann, hat man, glaube ich, schon viel erreicht. Gerade versuche ich meinem 15-jährigen Sohn zu erklären, dass das ­Leben viel mehr Spass macht, wenn man in der Schule gute Leistungen bringt, was allerdings im Moment noch nicht unbedingt auf Verständnis stösst (lacht). Selber habe ich das früh begriffen: Wenn ich die Schule gut mache, lässt man mich auch sonst mehr in Ruhe. Ich schaffe damit eine gewisse Freiheit, die ich mir sozusagen selbst gewähre.

Trieb Sie dieser Drang, etwas zu leisten, schon immer an?

Ich bin sicher ehrgeizig, sonst wäre ich nicht dorthin gekommen, wo ich heute stehe. Ich war auch immer neugierig. Promoviert habe ich mit dem Thema der gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft, damals eine sehr exotische Materie, in der rechtlich noch vieles unklar war. Ich wollte schlicht nicht die gleichen Dinge machen, die alle anderen auch gemacht haben.

Und der Wunsch, Professor zu werden?

Der war tatsächlich schon immer da. Mein Vater war Professor, ­wobei es mir nie darum ging, ihm nachzueifern. Zu seiner Zeit war dieser Beruf auch ein anderer als heute. Professoren genossen einen gewissen Status und hatten mehr Freiheiten. Ich fand, er hatte ein extrem «cooles» Leben. Später merkte ich, dass mir das Schreiben und Sprechen liegt und mir auch die Arbeit mit jungen, interessierten Leuten Freude bereitet. Scheinbar ist das bei den Studierenden schnell angekommen; meine Vorlesungen waren schon zu meiner Zeit als ­Assistent gut besucht.

Hat Sie die Privatwirtschaft nie gereizt?

Klar, nur schon aus finanzieller Sicht wäre natürlich viel mehr drin gelegen. Inzwischen bin ich auf privater Basis international als Berater tätig, und sehe so in unglaublich spannende Fälle, von denen mein Universitätsalltag wiederum profitiert. Dennoch sehe ich mich klar als Professor. Das ist mein Beruf, der mir nach wie vor extrem Freude bereitet. Dass ich nun Theorie und Praxis verbinden kann, sehe ich als ein grosses Privileg.

Wie sind Sie zum Recht und zu Ihrer Nische, dem Stiftungsrecht, gekommen?

Das ergab sich eher per Zufall. Die Juristerei an sich hat mich nie ­direkt angezogen. Ich ging meine Karriere eher pragmatisch an und habe dann gemerkt, dass ich dort meine Talente verwirklichen kann. Innerhalb der breiten Materie muss man irgendwann seine Nische finden – bei mir war und ist es das Stiftungsrecht.

Mit 35 Jahren Rechtsprofessor, ein Zentrum für Stiftungsrecht gegründet, das heute international eine Spitzenstellung geniesst. Hunderte von Publikationen verfasst, nebst Stiftungen beraten Sie auch Finanzinstitute, gar Regierungen. Bei so vielen Erfolgen: Ist es schwierig, nicht abzuheben?

Natürlich bin ich stolz auf das ­Erreichte, aber ich habe stets versucht, den Fokus mit der nötigen Bescheidenheit auf meine Leistungen zu legen, Freude an der Materie zu vermitteln und nicht zuletzt auch selbst Freude an der Sache zu haben.

Ist Ihnen das gelungen?

Ich denke schon. Die normalen Dinge im Leben machen mir noch immer viel zu sehr Spass. Einfach mal abhängen zu können, einen guten Wein zu trinken, auf dem Riet Fussball zu spielen, Chilis anzubauen. Mir war klar, dass die ersten zehn Jahre meiner akademischen Laufbahn viel Leistung verlangen. Heute merke ich, dass es mir immer wichtiger wird, meine künftige Work-­Life-Balance etwas zu justieren.

Wie stellen Sie sich das konkret vor?

Was mir schon länger vorschwebt, ist mal einen Roman zu schreiben. Für ein solches Projekt fehlt aktuell schlicht die Zeit. Ich denke auch darüber nach, was ich der Nachwelt hinterlassen will. Juristische Texte von mir hat diese inzwischen wohl genügend (lacht). Die Prioritäten verschieben sich mit der Zeit. Vielleicht kann ich auch jenseits der Juristerei meine Erfahrung sinnvoll für die Allgemeinheit einbringen.

Und mehr Zeit für die Familie bleibt dann auch.

Allerdings! Ich sage immer, dass ich zwei Dinge in meinem Leben richtig gemacht habe: Erstens, mich mit Stiftungsrecht zu befassen, und zweitens, meine Frau zu heiraten. Sie hat mir all die Jahre den Rücken freigehalten und mit dem Umzug nach Zürich ihre Karriere aufgegeben, das Familienmanagement mit unseren drei Kindern übernommen und nun wieder eine eigene Karriere aufgebaut. Meine Familie hat mir immer den Halt ­gegeben, ohne den ich all das mit Sicherheit nicht geschafft hätte.

Mit Dominique Jacob sprach Valentin Kälin