«Die Gemeinde musste in die Bresche springen»

Am 15. Dezember findet der jährliche Fahrplanwechsel statt. Diesen bekommt der Zollikerberg dieses Jahr besonders zu spüren, verbindet die Buslinie 910 künftig doch den Zollikerberg mit Binz und ­Ebmatingen. Die neue Buslinie ersetzt die Linie 917. Wo der Bus im Bereich des Sennhofs aber halten wird, ist auch zwei Wochen vor dem Fahrplanwechsel noch unklar.

Im Sommer letzten Jahres informierten die beiden Gemeinden Zollikon und Maur gemeinsam mit den Verkehrsbetrieben Zürich (VBZ) über die Verlängerung der Buslinie 910 via Binz nach Ebmatingen. Ausschlaggebend für die damalige Projektidee waren die Probleme der Pünktlichkeit der Linie 910 sowie die Kapa­zitätsgrenzen der Linie 917. Der ­zuständige Zolliker Gemeinderat Martin Hirs zeigte sich erfreut über die neue Buslinie und hob deren Vorteile hervor. Besonders jene für das Quartier Sennhof, das in Zukunft unter der Woche ganztags bis 20 Uhr erschlossen sein wird und zur Hauptverkehrszeit viertelstündlich, in der übrigen Zeit halbstündlich eine Busverbindung erhält. Das sei eine deutliche Verbesserung des Angebots des öffentlichen Verkehrs gegenüber den Fahrten der Linie 917, freute sich Martin Hirs damals.

Ein Leserbrief von letzter Woche, der in dieser Zeitung publiziert wurde, macht aber klar, dass die Vorfreude inzwischen wohl auch ein paar Dämpfer erlitten haben dürfte. Denn im Schreiben hiess es, dass sich die Gemeinde Zollikon um eine provisorische Haltestelle im Gebiet Sennhof für die Verlängerung der Linie 910 bemühe. Der Kanton habe es nicht geschafft, die nötige Haltestelle einzurichten. Was ist passiert? Wir haben bei Gemeinderat Martin Hirs nachgefragt.

Herr Hirs, im Leserbrief von Herrn und Frau Heusser, der sich an die Nachbarn im Quartier Sennhof wandte, hiess es, eine provisorische Haltestelle sei besser als gar keine und der Kanton habe es nicht geschafft, wegen des Widerstands ­einiger Quartierbewohner die nötige Haltestelle einzurichten. Was ist vorgefallen?

Nun, es lag nicht, wie im Leserbrief geschrieben, am Widerstand einiger Anwohner, sondern daran, dass es sich als sehr schwierig erwiesen hat, eine sichere Lösung für eine Bushaltestelle im Bereich des Sennhofquartiers zu finden. Vorab möchte ich aber die Verantwortlichkeiten erklären. Für die Planung von ­Bushaltestellen an Kantonsstrassen, wie es die Binzstrasse eine ist, ist das Amt für Verkehr des Kantons zuständig. Die Gemeinde begleitet zusammen mit den VBZ und der Kantonspolizei die Planung. Der Kanton hat innerhalb eines Jahres versucht, eine Lösung für eine sichere und kosteneffiziente Fahrbahnhaltestelle in Fahrtrichtung Zollikon zu finden. Die Bauabteilung der Gemeinde beurteilte diese aber als unsicher. Glücklicherweise teilte die Kantonspolizei Zürich unsere Einschätzung schlussendlich.

Der Kanton plante, wie wir auch schon berichtet haben, die Bushaltestelle an der Binzstrasse. Warum ist das nach Auffassung der Gemeinde keine gute Idee?

In Fahrtrichtung Zürich hätten die Fahrgäste – und das sind grossmehrheitlich Schulkinder – eine Tempo-­80-­Strecke überqueren müssen. Und dies ohne Fussgängerstreifen, denn solche sind auf Ausserortsstrecken nicht gestattet. Die Kinder hätten also eine sehr gefährliche Stelle ohne Fussgängerstreifen überqueren müssen. Das finden wir für sie, aber auch für alle anderen, insbesondere auch für ältere Menschen, unzumutbar. Einem solchen Risiko wollen wir unsere Bevölkerung nicht aussetzen.

Und aus diesem Grund bemüht sich die Gemeinde Zollikon nun um eine neue provisorische Haltestelle, obschon die Zuständigkeit der Bushaltestelle Sache des Kantons wäre?

Ganz genau. Die Gemeinde musste in die Bresche springen, weil nun die Zeit eilt. Denn leider musste die Bauabteilung an einer Begehung vor Ort feststellen, dass die Planung des Provisoriums des Kantons auch zwei Monate vor dem Fahrplanwechsel keinen Schritt weitergekommen war, obwohl wie gesagt die Zeit nun drängte. An den darauffolgenden Sitzungen wich das Amt für Verkehr von seiner ursprünglich geplanten Lösung der Fahrbahnhaltestelle bei der Binzstrasse ab und teilte die Sicherheitsbedenken von Gemeinde und Kantonspolizei. Aufgrund des Zeitdrucks standen wir nun aber vor einem neuen Problem. Die Baudirektion, welche die vom Amt für Verkehr geplanten Bauprojekte umsetzt, hatte keine Zeit und Mittel mehr, die Bushaltestelle, über die sich nun alle einig waren, zu realisieren. Als Vertreter der Zolliker Interessen blieb uns also nichts anders übrig, als dem Kanton anzubieten, dass die Gemeinde das Provisorium für den Kanton realisieren würde. Denn wir wollten unbedingt verhindern, dass der Bus stadteinwärts beim Sennhof ohne Halt vorbeifährt, nur weil die nötige Haltestelle hierfür noch fehlt. Nachdem die Gemeinde also plötzlich Bauherrin geworden war, holte die Bauabteilung unverzüglich beim Gemeinderat einen Baukredit ein und sicherte sich ein Zeitfenster bei einem Tiefbauunternehmer. Glücklicherweise konnte so kurzfristig noch ein guter Unternehmer für diese Arbeiten gefunden werden.

Sie lassen einen Punkt aus: Wo genau ist denn nun die Haltestelle geplant, welche die Gemeinde als sinnvoll und sicher erachtet?

Das Provisorium der Haltestelle soll bei der Sennhofstrasse mit einer Schlaufe zu stehen kommen. Das Land, auf dem Haltestellenschlaufe geplant ist, befindet sich glücklicherweise im Besitz der Gemeinde. Stadteinwärts biegt der Bus also auf die Sennhofstrasse ein, wendet dort und biegt danach wieder in die Binzstrasse ein.

Wie ist nun das weitere Vorgehen?

Nach einigen Plankorrekturen werden wir nun unverzüglich mit dem Bau des Provisoriums beginnen. Danach werden wir das Projekt ausschreiben.

Wurden die Anwohner des Sennhofs bereits über das Provisorium informiert?

Sobald der Gemeinderat beschlossen hatte, das Provisorium für den Kanton zu bauen und vorzufinanzieren, hat die Bauabteilung die Anwohner mit einer Infotafel und einem persönlichen Schreiben informiert. Wir konnten leider nicht früher informieren, da zuvor der Kanton noch in der Verantwortung war.

Welche Rückmeldungen haben Sie darauf erhalten?

Viele Anwohner freuen sich auf den neuen Bus und zeigten Verständnis für das unorthodoxe Vorgehen der Bauabteilung. Es gab aber auch einzelne kritische Stimmen, die sich über das forsche Vorgehen und über die Veränderung ihrer Aussicht ärgerten. Ich kann verstehen, dass sich einige von einer so kurzfristigen Kommunikation vor den Kopf gestossen fühlen, aber wir standen wie gesagt unter enormem Zeitdruck. Ich hoffe wirklich, dass wir diese Herausforderung bis zum 15. Dezember meistern werden und der Bevölkerung im Zollikerberg mit der neuen Buslinie ein lang ersehntes Weihnachtsgeschenk machen können.