14/2018 «Meine Lieder sind mein Spiegelbild»

«Meine Lieder sind ein Spiegelbild»

Mit ihrem neuen Gottesdienstformat «pop up» warten die fünf Kirchgemeinden des unteren Zürichsees übermorgen Sonntag mit einem besonderen musikalischen Leckerbissen auf: Im Rahmen der dritten Ausgabe von «Kulturkirche Goldküste» konzertiert die Zürcher Sängerin Lea Lu in der reformierten Kirche Zollikerberg.

Lea Lu begeistert mit leichtfüssiger Musik, die zum Heulen schön ist. Die Zürcher Sängerin mit polnischen, spanischen und französischen Wurzeln weiss mit ihrer Musik Menschen auf einmalige Weise zu verbinden. Sie studierte an der Hochschule Luzern Gesang und Klavier, war «Best Newcomer» Prix Walo und Support Act für Coldplay. In ihren neuen Songs besinnt sie sich auf die Essenz ihrer Musik zurück: die Stimme. Der Küsnachter Pfarrer Andrea Marco Bianca, der für diesen pop up verantwortlich zeichnet, wird in den berührenden Songs von Lea Lu genügend Anknüpfungspunkte finden, um Musik und Wort miteinander zu verbinden. Dem ZoZuBo verriet die Sängerin, was sie selber mit der Kirche verbindet und wo sie gerne einmal auftreten würde.

Die fünf reformierten Kirchgemeinden wollen mit ihrer Kulturkirche mehr Menschen ansprechen. Einer dieser Gottesdienste ist der pop up-Gottesdienst vom kommenden Sonntag. Wie kommt es, dass Sie an diesem mitwirken?

Ich mag es sehr, in Kirchen zu singen. Mit Pfarrer Andrea Marco Bianca, den ich sehr schätze, habe ich bereits Gottesdienste musikalisch mitgestaltet und es war mir stets eine grosse Freude, zumal er ein grosser Musikfan ist. Vor einem halben Jahr fragte er mich an, ob ich beim neuen Gottesdienstformat der fünf Kirchgemeinden mitwirke, bei dem Musik und Worte noch stärker verbunden werden können. Da habe ich natürlich zugesagt.

Beim «pop up» sollen populäre Songs zu hören sein, die von spiritueller Suche zeugen und die in Zusammenhang mit biblischen Inputs gebracht werden. Wie religiös sind Sie selber?

Übersetzt bedeutet das Wort Religion ja Rückverbindung. Bei mir geschieht beim Songschreiben eine Art Rückverbindung. Ich bin in diesem Moment ganz bei mir und erlebe die Verbindung vom kleinsten musikalischen Teilchen wie einem einzelnen Melodieton mit etwas Grösserem, also dem gesamten Bild eines Songs. Woher die Songs kommen, ist für mich ein grosses, wundervolles Rätsel. Meine neuen Lieder, von denen ich einige am Sonntag singen werde, sind in einem solchen persönlichen Rückzug entstanden.

Sind Sie selber oft in der Kirche anzutreffen, wenn Sie nicht gerade einen Auftritt in ihr haben?

Tatsächlich hatte ich meinen ersten Auftritt mit etwa sieben Jahren in einer Kirche im Rahmen des jährlichen Krippenspiels. Im Quartier, in dem ich aufgewachsen bin, war die Kirche damals für uns Kinder sowohl Fussballplatz, Versteckspielort wie auch ein geheimnisvoller Ort der Stille. Heute besuche ich Kirchen gerne, wenn ich zufällig auf sie treffe, auch auf meinen Reisen. Ich mag die Stille und die Akustik darin. Wenn ich in der Kirche alleine bin, singe ich oft auch leise vor mich hin.

Sie sind schon an ganz unterschiedlichen Orten im In- und Ausland aufgetreten. Welches war der bisher schönste Ort, an dem Sie je gespielt haben?

Der schönste Ort war definitiv eine unbewohnte Insel in der Karibik, auf der wir auf einer kleinen Holzbühne – barfuss – aufgetreten sind. Das Publikum kam mit Booten zu unserem Konzert. Das schönste Konzerterlebnis war ein Auftritt am DimeOn Fest in Nizza, das wir nach dem Attentat vor zwei Jahren als erstes öffentliches Konzert veranstalteten und die gesamten Einnahmen und Gagen den Opferfamilien zukommen liessen. Das Publikum wie auch wir selber hatten während des Konzertes Tränen in den Augen. Das war ein sehr menschlicher Moment, bei dem die Musik verband und Hoffnung schenkte.

Und gibt es einen Ort, an dem Sie gerne einmal spielen würden?

Ich würde sehr gerne einmal ein Konzert in einer Krypta singen. Es wäre ein spezielles Erlebnis, in solch einem Raum meine neuen Rabbit-Songs, die in meiner persönlichen Höhle entstanden sind, zu singen.

Über Ihre neue Musik heisst es, Sie erzählen damit Geschichten einer inneren Reise. Was für eine Reise beschreiben Sie?

Das Innehalten und in mich Hineinhören. In diesem Zustand ist plötzlich ein Song aufgetaucht. Da merkte ich, dass er mich irgendwo hinführen will. Ich bin ihm gefolgt und habe auf diese Weise vieles entdeckt. Diese Eindrücke habe ich in rund 40 Songs verarbeitet, die ich in einem Haus in Herrliberg, wo ich damals wohnte, aufgenommen habe.

Als Leadsängerin der Jazzpop-Band Nexus sind Sie bereits vor 14 Jahren mit Ihren selbst geschriebenen Liedern aufgetreten. Wie haben sich Ihre Lieder seither verändert?

Die Lieder verändern sich mit mir. Sie sind Momentaufnahmen und auch ein Spiegelbild.

Worauf dürfen sich die pop-up-Gottesdienstbesucher vom Sonntag freuen?

Auf einen unveröffentlichten A-cappella-Song, den ich mit den grossartigen Sängerinnen Daniela Sarda und Franziska Brücker singen werde. Man hat es in der eigenen Hand, was die Songs mit einem machen. Wenn man möchte und sich darauf einlässt, kann man erleben, wie aus den in der Einsamkeit geschriebenen Songs etwas Grösseres, Gemeinsames entstehen kann. (mmw)