48/2017 Frischer Wind im alten Haus

Frischer Wind im alten Haus

Heute öffnen sich die Türen der Wirtschaft zum Truben wieder. Zwei junge Stadtzürcher haben das Traditionslokal übernommen, sie versprechen «das gewisse Etwas».

Der Boden ist abgedeckt, die Holztische stehen frisch abgeschliffen in der Ecke, die Wände werden gerade neu gestrichen. Es ist ein Kommen und Gehen an diesem Dienstagmorgen in der Wirtschaft zum Truben, Hand­werker geben sich die Klinke in die Hand, im oberen Stock brutzeln bereits die ersten Gerichte in der Pfanne. Inmitten des Geschehens steht Assanee Meguid, lächelt und gönnt sich genüsslich eine Tasse Kaffee.

Heute Freitag wird das historische Wirtshaus nach einem Monat Verschönerungsarbeiten wieder eröffnet. Aus der Ruhe bringen lässt sich der neue Geschäftsführer davon nicht. «Am Freitag erstrahlt der Truben im neuen Glanz», sagt er ebenso ruhig wie überzeugt. Sein Geschäftspartner Stefano Eggenberger nickt zustimmend, eben eingetroffen braucht auch er erst mal eine Stärkung Koffein, die vergangenen Tage waren lang.

Speiserestaurant statt Beiz

Die beiden jungen Männer sind die beiden neuen Gesichter hinter dem Restaurant und sie scheinen zu verkörpern, was sie sich für das Traditionslokal mitten in Zollikons Dorfzentrum wünschen: frischen Wind, eine Verjüngung, neue Dynamik. So wollen sie nicht eine «Beiz» sein, sondern ein Speiserestaurant, in dem es sich mittags wie abends gut und gesund verpflegen lässt. «Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zum Gasthaus zum Rössli», sagt Assanee Meguid, der bis vor seinem Wechsel nach Zollikon im Restaurant Razzia im Seefeld wirkte, «aber auch nicht als durchgehend geöffnete Dorfbeiz.» Aus diesem Grund seien die Öffnungszeiten angepasst worden, was nicht nur in einem Leserbrief in dieser Zeitung kritisiert wurde, sondern ihnen auch bereits gehässige Telefonanrufe eingebracht habe. Daran stören mögen sich die beiden nicht, überhaupt scheint es sie nicht zu kümmern, was im Vorfeld über sie geredet wird. Sie konzentrieren sich lieber darauf, was heute sein wird, wenn die Türen des Truben wieder geöffnet werden. Anbieten werden sie eine bodenständige Küche, wie sie sagen, ergänzt mit Einflüssen aus der asiatischen und mediterranen Küche.

«Traditionsküche mit dem gewissen Etwas», erklärt André Busch seinen Kochstil. Der ehemalige Souschef des Razzia steht zusammen mit einem weiteren Koch und einem Hilfskoch hinter den Herdplatten des Truben. Gesunde und ausgewogene Gerichte seien ihm wichtig, und so lasse er sich gerne von der veganen Küche inspirieren, um Ideen für neue, frische Kreationen zu erhalten. Er lege Wert auf regionale und saisonale Zutaten und freue sich, wenn seine Gäste offen für Neues seien. Neben den fünf wechselnden Menüs würden aber auch immer zwei alternative Empfehlungen geben, für solche, die lieber beim Bekannten bleiben möchten. Preislich würden sie sich im mittleren Rahmen bewegen, eine Suppe gibt es für 12 Franken, den Kabeljau für 38 Franken.

«Zollikon hat noch Potential»

Was treibt zwei junge Gastronomen aus der Stadt nach Zollikon? Diese Frage drängt sich beim Blick auf die Lebensläufe der beiden 26-jährigen Zürcher auf. Beiden haben sie schon in verschiedenen Gastrobetrieben in der Stadt gewirkt, haben bei Pop-up-Restaurants mitgearbeitet und sind im Event- und Cateringbereich tätig. Es sei nicht die Sesshaftigkeit, die sie nach Zollikon gebracht habe, stellt Stefano Eggenberger sofort klar, vielmehr das Potential, das sie in Zollikon sähen. «Die Stadt ist langsam gesättigt von trendigen Lokalen mit gesunder Küche, ganz im Gegenteil zu Gemeinden wie Zollikon.» Auch würden sie nach wie vor im Cateringbereich tätig sein und Geschäfts- wie Privatanlässe organisieren, denn auch hier sehen die beiden Potential in der Gemeinde und Synergien, die sie nutzen wollen.

Neue Geschäftsführer

Dass die beiden jungen Wirte in Zollikon neue Wege gehen wollen, schätzt auch Gemeinderat und Liegenschaftenvorsteher Bernhard Ecklin. In Zollikon und Zollikerberg gebe es eine ansehnliche Anzahl unterschiedlich positionierter und gut geführter Betriebe. Wie schwierig es ist, einen Betrieb von der Grösse des Truben wirtschaftlich erfolgreich zu führen, wisse er aus seiner eigenen, über 30-jährigen beruflichen Tätigkeit in der Hotellerie und Para-Hotellerie nur zu gut.

Er habe Verständnis für Gäste, die am liebsten alles beim Alten beliessen, doch spreche der Durchschnittsumsatz der letzten zehn Monate eine deutliche Sprache. «Wir begrüssen den frischen Wind im Traditionslokal und freuen uns darauf, dass im Truben ein neues Kapitel aufgeschlagen wird», trotz der Unsicherheit, die mit der blockierten Situation bei der Dorfkernentwicklung zusammenhänge. Dass es im Vorfeld der Eröffnung zu Unruhen bei einzelnen Gästen gekommen ist, bedauert der Gemeinderat. Stefano Eggenberger und Assanee Meguid hätten die Firma JF Gastro übernommen, mit der die Gemeinde nach einer öffentlichen Ausschreibung den Pachtvertrag für den Truben ab­geschlossen hatte. Die effektive Eigentumsübertragung erfolge aufgrund eines Auslandaufenthaltes des jetzigen Eigentümers erst Anfang Dezember. «Im Pachtvertrag mit der Gemeinde ist vertraglich vereinbart, dass eine Abtretungsvereinbarung nach vorgängiger schriftlicher Zustimmung des Vermieters zulässig ist», erklärt der Gemeinderat. «Nach Einsicht in das Konzept und die finanzielle Situation sowie die Personalien der neuen Firmenbesitzer habe ich der Abtretung zugestimmt.» Er hätte es geschätzt, wenn zuvor das Gespräch mit ihm gesucht geworden wäre, als ihm in einem Leserbrief vorzuwerfen, er sei mit der Situation im Truben überfordert, sagt Bernhard Ecklin. «Dann hätte bestimmt vieles geklärt werden können.»

Das sehen auch die beiden neuen Wirte des Truben so. Wer sich ein Bild von ihnen machen möchte, der solle doch am besten gleich selber vorbeischauen. «Danach darf immer noch kritisiert werden», sagt Stefano Eggenberger und lacht zufrieden. (mmw)