36/2017 Das Gesicht der Wahrheit ist ein fröhliches

«Das Gesicht der Wahrheit ist ein fröhliches»

Zum 500-Jahr-Jubiläum der Reformation wird die Geschichte von Huldrych Zwingli verfilmt. Für die Biografie des Kirchenkritikers aus dem Mittelalter wird Geld gesammelt, auch die reformierte Kirche Zollikon beteiligt sich.

1. Januar 2019: Auf den Tag genau 500 Jahre nach seiner ersten Predigt im Grossmünster soll er auf der Leinwand auferstehen: der grosse Reformator Huldrych Zwingli. Dann soll die Premiere des Kinospielfilms «Zwingli – der Reformator» über die Bühne gehen, daran arbeitet die hinter dem Projekt stehende Zürcher Produktionsfirma C-Films momentan unter Hochdruck. Und der historische Film kostet Geld: Auf 5,8 Millionen Franken werden sich die Produktionskosten belaufen, womit er zu den teuersten Schweizer Filmen gehören wird. Noch sei nicht der ganze Betrag beisammen, aber mit den Förderzusagen des Bundesamts für Kultur, der Zürcher Filmstiftung und der Koproduktionsbestätigung durch das Schweizer Fernsehen sei die Finanzierung auf gutem Weg, teilte C-Films kürzlich mit.

Zwingli dem breiten Publikum näherbringen

Auch die evangelisch-reformierte Landeskirche des Kantons Zürich unterstützt das Projekt, ebenso die Mehrheit der Kirchgemeinden des Kooperationsprojektes 5+ am rechten Zürichsee, darunter die reformierte Kirche Zollikon. «Es ist an der Zeit, dass die reichlich holzschnittartigen, von der neueren Forschung überholten Vorstellungen von Zwingli aufgegeben werden», erklärt Pfarrer Simon Gebs das Engagement seiner Kirch­gemeinde. Das Filmprojekt biete die Chance, eine die Schweiz prägende Figur einem breiten Publikum näher zu bringen. «Inhaltlich bin ich der festen Überzeugung, dass zentrale reformatorische Impulse auch heute ihre Aktualität nicht verloren haben.» Zusammen mit Anne Walser, Produzentin und Inhaberin von C-Films, organisierte Simon Gebs letzte Woche einen Crowdfunding-Anlass im Zolliker Gasthaus Rössli, um weiteres Geld zu sammeln. Vor Ort war auch Max Simonischek, der Zwingli spielen wird. Dem Zolliker Zumiker Boten verriet der schweizerisch-österreichische Schauspieler, was der Reiz dieser historischen Figur ist, warum es Martin Luther viel öfters auf die Leinwand geschafft hat und wo er selber Kraft tankt.

Max Simonischek, was hatten Sie vor Annahme der Rolle für ein Bild von Huldrych Zwingli?

Eine ziemlich jungfräuliches, denn ich war dem Zürcher Reformator bis dahin noch nicht oft begegnet. Zwar besuchte ich in der Schweiz den Kindergarten, lebte danach aber im Norden Deutschlands, wo Zwingli keine grosse Rolle spielt. Wenn überhaupt einer, dann vielleicht Luther – falls ein Reformator in meiner Generation überhaupt noch eine Rolle spielt.

Sie mussten Zwingli also erst einmal kennenlernen.

Ja, und die Vorurteile, die es über ihn gibt, bekam ich alsbald zu hören: Lustfeindlich sei er gewesen, sittenstreng und arbeitsam.

Hat sich dieses Bild während der Recherche auf die Rolle verändert?

Und wie. Huldrych Zwingli hat das Ehegericht eingeführt, er setzte sich für Krankenhäuser und soziale Einrichtungen ein, war musikalisch, hat gesungen und Stücke komponiert. Zwingli war ein Lebemann, eine lebensbejahende Figur. Ein Zitat von ihm ist mir ganz besonders geblieben: «Das Gesicht der Wahrheit ist ein fröhliches.» Ich finde, das beschreibt ihn ziemlich gut, denn es trifft sein Gemüt im Kern. Und im Vergleich zu Luther war Zwingli interessiert an Philosophen wie Aristoteles oder Mirandola. Er war weltoffen, studierte in Wien, ganz im Gegensatz zu Luther, dem alle Philosophen verhasst waren und der ganz im Kosmos der Kirche lebte.

Wie erklären Sie sich, dass es 19 Filme über Luther gibt, aber nur einen Uraltstreifen über dessen Schweizer Pendant?

Wahrscheinlich haben die Deutschen einfach mehr Geld investiert (lacht). Ehrlich gesagt spielte aber bei mir in der Schule Luther auch nie eine allzu grosse Rolle. In Zürich ist das anders, hier begegnet einem Zwingli schon fast an jeder Ecke, auch die Stadt ist ja nach ihm benannt. Von dem her ist es schon verwunderlich, dass seine Biografie erst jetzt auf die Leinwand kommt.

Sie spielten bereits in der Erfolgskomödie «Die göttliche Ordnung» die Hauptrolle, nun folgt Zwingli. Wie gut können Sie mit Gott?

Getauft wurde ich nie, und doch habe ich als Kind regelmässig gebetet. Irgendwann ging das aber verloren. Mein Kraftort ist die Natur, an sie glaube ich und brauche ich Ruhe oder suche ich Sicherheit, so zieht es mich ins Grüne. Beim Wandern kann ich abschalten und tanke neue Energie. Wenn es für mich eine Religion gibt, so ist es für mich die Verbundenheit mit der Natur.

Warum haben Sie dennoch zugesagt, eine solch historische Kirchenfigur zu spielen?

Wahrscheinlich gerade deswegen: Weil ich mich in ein Thema einarbeiten kann, das mir auf eine gewisse Art fremd ist. Ich kann ihm naiv begegnen, habe noch keine vorgefertigte Meinung und bilde mich. Und ganz unabhängig von den Themen Gott und Religion ist es eine Rolle, die einen weiten Weg zurücklegt. Im Verlaufe von Zwinglis Leben musste er etliche Hürden bewältigen, es gab viele Widerstände. Schauspielerisch ist dies eine tolle Herausforderung, setzt sich doch eine spannende Figur aus möglichst vielen unterschiedlichen Situationen zusammen.

Wenn Sie selber einmal eine Predigt halten könnten, was wäre Ihr Thema?
Krieg und Frieden. Dass man offen und neugierig zum Gegenüber sein und keine Angst vor dem Fremden haben soll. (mmw)