Zolliker Entwicklungshilfe in Afrika




Vor zwei Jahren berichtete der Zolliker Bote über das Entwicklungsprojekt «e-barraca», das von Andreas Rengel und seinen Lehrerkollegen an der Technischen Berufsschule Zürich ins Leben gerufen worden war. Wie ging es weiter mit der mobilen Informatikausbildungsstätte? Der Zolliker berichtet über den Stand seines Projekts.
Ein alter Schiffscontainer soll in Vilanculos als Internet-Baracke dienen, das war die ursprüngliche Idee. Der Ausbau soll durch die Einheimischen erfolgen, und das Solarpanel auf dem Dach nicht nur den notwendigen Strom erzeugen, sondern auch den Schiffscontainer überragen und so einen Schattenplatz schaffen. Die Computer werden aus der Schweiz importiert, ihre Wartung via Internet von der Schweiz aus betreut. Die Ausbildung von Einheimischen zu Lehrpersonen erfolgt durch die Berufsschullehrer.
Vilanculos liegt in Moçambique, auf dem 21. Grad südlicher Breite und rund 800 Kilometer nördlich der Hauptstadt Maputo. Das Städtchen bietet als Zugangspunkt zum Nationalpark Ilha de Bazaruto dank dem für Moçambique relativ entwickelten Tourismus gute Rahmenbedingungen für eine stetige Entwicklung. Es hat aber auch mit einigen Problemen zu kämpfen, namentlich im Bereich Drogenhandel und -konsum sowie Prostitution. Zwischen traditioneller afrikanischer Lebensart und dem «Luxus» der internationalen Hotels besteht ein grosses Gefälle, welches echte oder vermeintliche Begehrlichkeiten wecken kann. Deshalb ist es wichtig, Jugendlichen eine andere Perspektive aufzuzeigen. Die Schulung in der Anwendung von Informatikmitteln ist eine gute Möglichkeit, denn die touristische Infrastruktur funktioniert – genau wie bei uns auch – nur mithilfe von Informatik, im Wesentlichen durch das Internet. Die digitale Revolution ist für Moçambique sowohl Chance als auch Herausforderung. Informatikkenntnisse helfen Schülerinnen und Schülern enorm: Nicht nur ihre beruflichen Chancen werden verbessert, sie eröffnen ihnen auch die Möglichkeit, im Tourismus ihr Geld zu verdienen. Hotelmitarbeitende können in Afrika eine Grossfamilie ernähren.
Fast die gesamte Bevölkerung – von den 10-jährigen Schülerinnen und Schülern bis zu den Grosseltern – nutzt Mobiltelefone, einige zur Kommunikation, andere nur zum Spielen, weil die Gebühren zum Telefonieren relativ hoch sind. Smartphones sind hingegen noch wenig verbreitet, und die konventionelle Informatikinfrastruktur ist oft hoffnungslos veraltet. Die Hälfte der 22 Millionen Einwohnenden des Landes ist jünger als 25 Jahre. Der Druck, Arbeitsplätze zu schaffen, ist sehr gross. Hier kann eine geeignete Entwicklungshilfe einen sinnvollen Beitrag leisten.
Eine Reise im Sommer letzten Jahres verfolgte zwei konkrete Ziele des Projekts e-barraca: einerseits die Installation einer Solarstromanlage für das Kultur- und Schulungszentrum Nhjussee in Vilanculos und andererseits der Aufbau der Informatikanwenderschulung mit lokalen Lehrpersonen mithilfe von vier mitgebrachten HP-Notebooks.
Der Bau der Solarstromanlage
Das Zentrum Nhjussee, mitten in einem traditionellen Wohngebiet gelegen, ist nur etwa fünf Kilometer von Vilanculos entfernt, aber wegen der Sandpiste dennoch nicht einfach zu erreichen. Die Versorgung dieses Gebiets mit Elektrizität hat zwar begonnen, kommt aber nur sehr langsam voran. Das Zentrum Nhjussee hätte seit Langem an das Stromnetz angeschlossen werden sollen. Deshalb bot sich hier die Gelegenheit, mit einer Solaranlage die Situation nachhaltig zu verbessern. Nachdem wir den Transport von Solarpanels, Regler und Batterien aus der Schweiz aus Kostengründen verworfen und einen Lieferanten in Moçambique gefunden hatten, stand der Installation nichts mehr im Weg. Zwei Tage nachdem wir in Vilanculos angekommen waren, wurde das komplette Material geliefert. Die Montage der Panels wurde von einem lokalen Schlosser ausgeführt. Die Arbeitsweise der Schlosser ist bescheiden, es fehlt ihnen an geeignetem Material und an Fachwissen. Die Panels konnten aber trotzdem an der optimalen Position an der Aussenwand in vier Metern Höhe montiert werden. Die Solarpanels liefern 900 Watt, die entweder direkt über den Inverter als 230-V-Wechselstrom genutzt oder in Batterien für die Nutzung nach Sonnenuntergang zwischengespeichert werden können. Nach einem technischen Defekt zu Beginn konnte die Anlage in Betrieb genommen werden und läuft nun zur vollen Zufriedenheit der Nutzenden. Die Gesamtkosten der Anlage, die ausschliesslich durch Spenden finanziert wurde, betrugen rund 4000 Schweizer Franken.
Informatikschulung
Wir konnten vier ausgemusterte HP-Notebooks von der Technischen Berufsschule Zürich erwerben, haben diese neu installiert und aufgerüstet, so dass diese Geräte durchaus geeignet sind für den geplanten Einsatz. Mit diesen Geräten und unserer Unterstützung werden von jungen Einheimischen Kurse für die Anwendung der Informatik entwickelt und einem breiten Publikum angeboten. Die Jungen sind sehr interessiert und engagiert. Entgegen der ursprünglichen Planung finden die Kurse nicht im Zentrum Nhjussee, sondern in Vilanculos statt. Grund dafür ist die verhältnismässig schwierige Erreichbarkeit des Zentrums Nhjussee, welche die Anzahl der potenziellen Kursteilnehmenden unnötig stark einschränken würde. Natürlich sind vier Notebooks für die Schulung etwas wenig, dazu müssen wir uns noch etwas einfallen lassen. Die Betreuung der lokalen Lehrpersonen erfolgt über Mail und Skype.
Schulische Zusammenarbeit?
Die ursprüngliche Idee, in der Schweiz im Rahmen eines Berufsschulprojekts einen Schiffscontainer zu einem energetisch unabhängigen Schulungsraum auszubauen, rückt durch die Möglichkeit einer (fast) kostenlosen Spedition wieder in den Bereich der Realisierbarkeit. Lasttrip-Container können relativ günstig erworben werden, den Transport würde eine Transportfirma aus Moçambique übernehmen. Der Container würde durch Berufsschülerinnen und -schüler in der Schweiz ausgebaut, in Betrieb genommen und transportgerecht verpackt. Dazu bräuchte es eine Solarstromanlage, geeignete Computer und Mobiliar. Eine Delegation, bestehend aus Berufsschülern/-schülerinnen und Lehrpersonen, könnte die e-barraca nach dem Transport wieder in Betrieb nehmen und einer lokalen Organisation übergeben. Etwas ausserhalb von Vilanculos gibt es eine Berufsschule, die Basisberufe wie Maurer, Schlosser, Elektriker etc. ausbildet. Leider haben wir erst am zweitletzten Tag unseres Aufenthalts von der Existenz dieser Schule erfahren, sodass wir diese nicht mehr besuchen konnten. Wir glauben, eine Zusammenarbeit und Unterstützung könnte sowohl für Schweizerische Berufsfachschulen als auch für Berufsschulen in Moçambique von Interesse sein.
Detaillierte Informationen zum Projekt unter www.e-barraca.org, www.facebook.com/e-barraca oder andreas.rengel@gmail.com.