Von «Saigon» bis an die Dufourstrasse








Wer eine Briefmarken- und Ansichtskarten-Börse im herkömmlichen Sinn erwartete, hatte sich getäuscht. Eine unglaubliche Vielfalt an Briefmarken und Ansichtskarten aus aller Welt, aber auch deren Geschichten konnten bestaunt, getauscht oder gekauft werden.
Man sah sie den Händlerinnen und Händlern an, die Leidenschaft fürs Detail, für die vielfältigen, aus allen Herrenländern stammenden Postwertzeichen. Antiquarische Ansichtskarten aus jedem Kanton und schier jeder Gemeinde der Schweiz, über hundertjährige, lustige Tierkarten oder mit Zwirn und Seide gestickte Glückwunschkarten – alles wurde feil gehalten. Ansichtskarten aus Zollikon und den anderen Seegemeinden sind rar und liegen deshalb preislich auf höherem Niveau als Feriengrüsse aus bekannten Tourismusdestinationen.
Schmetterlinge und Falter
Die Ausstellung im grossen Saal verbarg eine besondere Markensammlung des ehemaligen Zollikers Herbert Hunziker: Fast alle weltweit bekannten Schmetterlinge und Falter sind verewigt auf Sondermarken aus allen fünf Kontinenten. Die älteste entstand in den 50er-Jahren in Nordkorea und die neusten in den 90ern in der Schweiz. Herbert Hunziker präsentierte diese Sammlung zeigte er erstmals an der Schweizermeisterschaft 2015 und zeigte sie nun in Zollikon einer breiten Öffentlichkeit.
Sammlungen mit Geschichten
Geschichtliche Highlights zeigte der Küsnachter Markus Sprenger. Ebenfalls ausgezeichnet an der Schweizermeisterschaft im letzten November unter der Kategorie Postgeschichte (mit Schwerpunkt ab 1901) zeigte er die Sammlung von französischen Kolonien im 2. Weltkrieg sowie über Merkmale von internationalen Luftpostbeförderungen. Mittels Landkarten zeigte er akribisch auf, aus welcher Region die Briefe abgeschickt, welche Luftwege eingesetzt wurden und welche Städte sie durchreisten bis zum Zielort. «Meine Sammlung ist nicht nur für geschichtlich Interessierte eine wichtige Dokumentation, auch für die Menschen aus den französischen Kolonien ist sie einzigartig», erwähnte der Sammler stolz. Sogar ein Zolliker Adressat eines Exponates, ein Brief aus «Saigon» an die Dufourstrasse, beinhaltet seine Sammlung. Die tiefe Passion des ehemaligen Konstrukteurs zu seinem Hobby ist nicht zu übersehen, seine Augen funkeln voller Abenteuerlust bei all den Erzählungen. Einige dieser französischen Kolonien hat er auch selber besucht.
Sponsoren erhielten Postkarte
Ein Vorläufer des Crowdfundings war auch zu bestaunen. Die vielen Briefumschläge des Schweizer Bergsteigers, Max Eiselin. Er finanzierte 1960 seine Expeditionen in den Himalaja mit Ansichtskarten, welche er als Gegenleistung aus Indien oder Pakistan in die Schweiz zurückzusandte. Damals waren solche Marken aus diesen Ländern eine Seltenheit und deshalb besonders einträglich. Ein weiteres Dokument zeigte, wie ein Brief aus Genf in sieben Monaten wegen Unzustellbarkeit resp. Wegzug zwar in Luton, England, ankam aber den gleichen Weg wieder mit den gleichen Prüfungen durch die Chemisch Technische Abteilung (CTA) durchlief. Mit dieser Prüfung suchte der französische Geheimdienst nach Botschaften, die mit Geheimtinte geschrieben wurden. Diese Prüfungen erfolgten in Paris zwischen Dezember 1942 und Juli 1944. Markus Ludwig, der Organisator der Börse des Philatelievereins Bezirk Meilen, weiss zu berichten, dass die aktuelle Ausstellung möglicherweise die letzte in Zollikon gewesen sein könnte. Das schwindende Interesse an Vereinsmitgliedschaften, aber auch die ungeklärte Nachfolge des Organisators könnte ausschlaggebend für den Entscheid werden. Dies wäre bedauerlich in Anbetracht der vielen einmaligen Zeitdokumente. (cef)
Wissenswertes über die Sammlungen ist unter www.philaworld.ch zu finden.