«Schauspieler sind nur Teile eines grossen Puzzles»




Ihren Traum hat sie sich bereits zum zweiten Mal verwirklicht: Die junge Zollikerin Rifka Fehr spielt erneut in einem Schweizer Film mit, der bald im Kino läuft. In Claudia Lorenz’ Coming-Out- und Familiendrama «Unter der Haut» übernimmt sie die Rolle der 14-jährigen Nina.
Knapp zwei Jahre ist es her, als ihr grosser Traum, den sie bereits als kleines Mädchen gehegt hatte, in Erfüllung ging. Über eine Castingagentur ergatterte sich die damals 12-jährige Rifka Fehr eine Rolle im Familienfilm «Clara und das Geheimnis der Bären». Kurz nach der Premiere hatte die junge Zollikerin bereits ein neues Angebot in der Tasche: Von Rifka Fehrs Schauspieldebüt begeistert, engagierte die Regisseurin Claudia Lorenz sie kurzerhand für ihren ersten langen Kinofilm. Der Zolliker Bote traf das junge Schauspieltalent nach weniger als 24 Monaten erneut und sprach mit ihm über die Filmwelt, die sich der Gymnasiastin mehr und mehr auftut.
Zwei Kinofilme in zwei Jahren – wächst in Zollikon soeben ein neuer Star heran?
Rifka Fehr (schmunzelt verlegen): Ach was. Ich hatte einfach das Glück, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein.
Wie bereits vor zwei Jahren scheinst du sehr besonnen und überhaupt nicht abgehoben zu sein. Träumst du nicht von der grossen Schauspielkarriere?
Die beiden Filmrollen erfüllen mich natürlich mit Stolz. Deswegen von der grossen Karriere zu träumen, wäre aber völlig verfehlt. Sie ermöglichten mir, was ich mir schon immer sehnlichst gewünscht habe: Einblicke in die Welt des Films zu erhalten.
Und wie gefällt dir diese Welt?
Ich bin begeistert davon! Wiederum durfte ich sehr vieles lernen, erhielt verschiedenste Einblicke hinter die Kameras. Mehr und mehr wird mir bewusst, was Filme sind, wer und was alles dahinter steckt, wie viel Aufwand ein Filmdreh bedeutet – die Schauspieler sind nur Teile eines grossen Puzzles.
Letztes Mal spieltest du ein Mädchen aus dem 19. Jahrhundert, dieses Mal einen Teenager aus der heutigen Zeit, dessen Familie gerade auseinanderbricht. Welche Rolle hat dich mehr gefordert?
Die Rolle der Nina, die ich in „Unter der Haut“ spiele, enthält mehr Sprech- und Spielzeit, dieser Umstand forderte mich natürlich mehr. Auch ist die Rolle sehr emotional, was beim ersten Film nicht der Fall war. Einen Vergleich der beiden Rollen zu machen ist jedoch ziemlich schwierig, unterschieden sich die beiden Drehs doch ziemlich stark.
Inwiefern?
Für die Dreharbeiten des ersten Films reiste ich zusammen mit meinen Eltern für ein paar Tage in die Berge, die restlichen Aufnahmen fanden Wochen später im Studio in Ludwigsburg statt. Die aktuellen Dreharbeiten fanden in Winterthur statt – in praktisch ausschliesslich ein und derselben Location: in einem kurz vor dem Abbruch stehenden, verlassenen Haus. Ich wurde am Morgen jeweils hier zu Hause in Zollikon abgeholt und am Abend wieder hierher zurückgebracht – auf dem Set war ich somit alleine, meine Eltern waren grösstenteils nicht vor Ort. Wir drei Kinderschauspieler (Rifka Fehr spielt im Film das Mittlere der drei Kinder, Anm. der Redaktion) wurden während des Drehs von einer angehenden Schauspielerin betreut, was sehr angenehm war. Fast die ganze Crew war praktisch fünf Wochen lang zusammen. Dies ermöglichte ein intensives Zusammenarbeiten und schweisste das ganze Team zusammen. Ich fühlte mich sehr integriert und erlebte unvergesslich tolle Sommerferien!
Der Dreh fand während der Sommerferien statt. An Ferien war somit nicht zu denken?
Nein (lacht herzhaft). Meine Mutter musste Verzicht üben – mein Vater und mein jüngerer Bruder reisten alleine in die Ferien.
Was war sonst noch neu für dich?
Die ganzen Vorbereitungsarbeiten. Bereits im Frühling trafen wir uns für verschiedene Proben, bei denen ich bereits die anderen Schauspieler kennenlernte. Hierbei wurden die einzelnen Szenen angeschaut, teils auch überarbeitet und angepasst. Die Regisseurin bezog uns mit ein, fragte uns nach unserer Meinung, wollte wissen, wie wir in der von uns gespielten Situation reagieren würden. Die Proben enthielten viel Platz für Spontaneität.
„Unter der Haut“ ist die Geschichte eines Familienalltags, der langsam aus den Fugen gerät. Dein Filmvater hat ein Coming-Out, fühlt sich immer stärker von einem Mann angezogen. Was ging dir durch den Kopf, als du das Drehbuch gelesen hat?
Ganz ehrlich? Ich habe das Drehbuch nicht gelesen. Der Regisseurin war es wichtig, dass wir nur unsere Szenen kannten, um offen für Neues zu bleiben, uns nicht zu sehr auf die Geschichte zu versteifen. Den ganzen Film gesehen habe ich erst letzten November an unserer Crew-Premiere. Der Film gefällt mir, er enthält berührende Szenen, die gut eingefangen und umgesetzt sind.
Hast du dir jemals überlegt, wie du reagieren würdest, hätte ein Elternteil von dir ein Coming-Out?
Ich bin froh, darf ich in einer intakten Familie aufwachsen, die keine solchen Probleme hat. Ich denke nicht, dass ich so drastisch reagieren würde wie Nina im Film, aber wissen tue ich das natürlich nicht. Sind Emotionen im Spiel, weiss man nie, wie heftig die Reaktion ausfällt.
Im Film bricht die Beziehung deiner Mutter auseinander, du hingegen erlebst deine erste Liebe. Wie sieht zurzeit dein Alltag aus?
Drücke ich nicht gerade die Schulbank, verbringe ich viel Zeit mit meinen Freunden oder spiele Theater. Erst kürzlich habe ich in einem Musical, der Maturarbeit zweier Schülerinnen mitgewirkt. Auch Im LAB-Theater des Jungen Theaters Zürich spiele ich mit und war bei unserem Schultheater Regieassistentin. Bald wird mein Alltag aber ein anderer sein, Ende Januar geht‘s für sechs Monate nach Neuseeland, wo ich ein Austauschsemester verbringen werde.
Wenn du deine nächste Rolle selber auswählen könntest, in was für einem Film würdest du gerne mitspielen?
In einem Horrorfilm! Wohlverstanden als Psychopathin und nicht als Opfer, das würde mir vielleicht die Angst vor solchen Filmen nehmen (lacht).
«Unter der Haut» mit Ursina Lardi und Dominique Jann in den Hauptrollen kommt am 26. Februar in die Deutschschweizer Kinos. Der Film von Claudia Lorenz wird als Eröffnungsfilm an den Solothurner Filmtagen gezeigt, die vom 22. bis 29. Januar stattfinden. Ebenfalls am 50. Solothurner Filmfestival zu sehen sein wird der Animationsfilm «Size Matters!» von Rifkas Vater Titus Fehr.