48/2014 Ein Obertätschmeister mit Herz

Ein Obertätschmeister mit Herz

Auch der diesjährige Weihnachtsmarkt wird vom Chilbi-Verein organisiert. Moritz Würsch hilft seit 1998 aktiv mit – seit 2006 als Präsident.

Anpacken kann Moritz Würsch. Und tut das auch, ohne dass man ihn danach fragen müsste. Noch nie hat er zugesehen, wenn andere sich abrackerten, das käme ihm nicht in den Sinn. Im Gegenteil. Gern setzt er seine Kraft und sein Können voll ein. Wie selbstverständlich füllt er die Lücke, springt ein, hilft mit, übernimmt.

Auf dem Bauernhof seiner Eltern in Niederwil bei Cham, wo er aufgewachsen ist, war dies selbstverständlich. Jedes der fünf Kinder musste mithelfen. Arbeit gab’s stets genug für alle, in Haus, Stall und Garten. 16 Milchkühe hielten sie dazumal, als Moritz zwischen Schule und Lehre ein Jahr zu Hause aushalf, während sein älterer Bruder für ein Jahr auf die Landwirtschaftsschule ging. Die Kühe galt es damals noch alle von Hand zu melken.

Dann machte er eine Metzgerlehre. Das taten damals viele jüngere Bauernsöhne, die keine Aussichten auf einen eigenen Hof hatten. In Unterägeri fand er eine Lehrstelle. Da gefiel es ihm ausgezeichnet. Heute noch findet er Unterägeri eine Reise wert. Hätte er da nach der Lehre eine Möglichkeit zur Arbeit erhalten, wäre er wohl dort geblieben.

So aber zog es ihn in die Stadt Zürich. Über Kollegen kam er in die Delikatessabteilung des Globus, wo er sich schnell heimisch fühlte und ihm oft ein Spässchen auf der Zunge lag, sowohl unter der Belegschaft wie mit den Kundinnen, die sich gerne vom jungen, charmanten Innerschweizer Metzger beraten und bedienen liessen.

Mit Charme zum Ziel

Eine seiner damaligen Kundinnen hatte es ihm besonders angetan – und da zeigte sich, dass er nicht nur körperlich, sondern auch mental stark war. Er liess nicht locker, bis er sie genügend bezirzt hatte. Susanne heisst sie, und ist nun seit 1982 seine Frau. «Und das», sagt sie schmunzelnd, «obwohl ich damals eigentlich nach einem grossen, dunklen, schmalen Mann Ausschau gehalten hatte.» Und Moritz Würsch ergänzt lachend: «Tja, manchmal kommt es eben besser, als man denkt.»

Und gut gekommen ist es. Gemeinsam wohnten die beiden nach der Heirat erst in Zürich, wo bald schon, 1984, Sohn Fabian geboren wurde. Später zogen sie in Susannes alte Heimat, den Zollikerberg. Erst 1987 in den Ahorn und nach ein paar Jahren ein paar Strassen weiter und ein paar Stockwerke höher in eine Wohnung mit prächtiger Aussicht auf

«die schönsten Sonnenuntergänge».

Rasch kannte und schätzte man Moritz Würsch am neuen Ort nicht nur als unaufgeregten, aber engagierten Vater und Ehemann im Haus, sondern auch als Feuerwehrmann und fröhlichen Kollegen in der Männerriege. Stets war und ist er dabei der Mann, der zur Stelle ist, wenn man ihn braucht: Als Vater ermöglichte es Moritz Würsch seinem Sohn, in der Stadttzürcher Knabenmusik Trompete zu spielen, und übernahm da gleich für alle Konzerte und Reisen den Transport aller Instrumente. Als Ehemann ermöglicht er es seiner Frau Susanne, die dunklen Wintermonate jeweils als Skilehrerin an der Sonne in Zuoz zu verbringen. Als Freund hilft er zuweilen bei Caterings aus, im Feuerwehrverein oder Kochclub ist er stets zuverlässig mit von der Partie.

Seit 2003 war Moritz Würsch als vielgeschätzter Metzgermeister und Fleischexperte der Zolliker Migros tätig. Bis letzten Sommer hatte er hier für seine Kundschaft neben der Ware auch stets ein freundliches Wort. Mit 63 liess er sich diesen Sommer pensionieren. Ganz ging ihm die Arbeit allerdings nicht aus. All die Nebenjobs hat er noch behalten. Einen der grösseren hatte er sich bereits 1998 angelacht. Damals wurde er Mitglied des Chilbivereins.

Viel Arbeitskraft für den Verein

Kein Wunder machte er innerhalb des Vereins rasch Karriere, längst kannte man ihn als unermüdlichen Schaffer und Profi. Was wäre der Verein heute ohne ihn! Erst vor Kurzem war er eingetreten, schon war er auch Vorstandsmitglied und wurde dann 2006 zum Präsidenten gewählt und damit zum Obertätschmeister der Chilbi.

Die eigene Arbeit ist’s nie, die Moritz Würsch Sorgen macht. Er schätzt den Zusammenhalt, den das gemeinsame Arbeiten schafft. Er kennt diesen Wert.

Auch dass die Chilbi früher einen guten Verdienst erzielte, heute eher bloss noch eine gute schwarze Zahl, mag ihn nicht zu betrüben. Der Grund dafür ist ihm klar: Viele Dinge sind heute teurer zu mieten, komplizierter zu handhaben wegen den immer aufwendigeren Massnahmen zur Erfüllung der Sicherheitsvorschriften. Es freut ihn, dass es bisher gelungen ist, die Preise familienfreundlich zu halten. Profit ist nicht sein Ziel, bloss kein Defizit.

Nein, Sorgen macht ihm einzig, dass die nächste Generation möglicherweise nicht mehr genug freiwillige Mithelferinnen und -helfer im Dorf und Berg stellen wird. «Dabei macht erst genau diese Schar der freiwilligen Helferinnen und Helfer aus einem gewöhnlichen Anlass – ob Chilbi oder Weihnachtsmarkt – ein richtiges Dorffest.»

Und er fügt hinzu: «Gesundheit ist das Wichtigste im Leben, doch kurz nachher kommt der Zusammenhalt der Menschen. Ich hoffe, das Vereinsleben in unserem Dorf wird überleben, sodass auch meine kleine Enkelin dereinst darin aufgehoben sein wird.» (db)