Ein Besuch bei der Recyclingkönigin
Der Deckel wird vom Glas getrennt ‒ und die Dose bitte in den separaten Container. Seit dreizehn Jahren leitet Roswitha Leutenegger die Sammelstelle in Zollikon. Der ZoBo besucht sie an ihrem Arbeitsort und entdeckt dabei ein Stück Herz von Zollikon.
Wer kennt ihn nicht, den Albtraum der sich stapelnden Kartons und Gläser im Keller, sei es nach Neujahr oder nach gelungenen Grillabenden. Besucher der Zolliker Sammelstelle werden darüber jedoch nicht ganz so betrübt sein, denn kaum an der Dachslerenstrasse angekommen, wird man bereits von Roswitha Leutenegger begrüsst und bei genügend Zeitvorrat hat sie einem auch schon zwei der vielen mitgebrachten Säcke abgenommen.
Wenn die Recyclingstelle öffnet, dann ist sie am Start. Roswitha Leuteneggers Präsenz dient aber keineswegs bloss der Aufmunterung der Besucher, sondern sie ist geradezu überlebenswichtig – denn insbesondere Samstag morgens geht es zu und her wie im Dschungel. Ihr Mann Thomas packt dann jeweils als zusätzliche Hilfskraft mit an. Gesammelt werden in kürzester Zeit unzählige verschiedene Materialien, von Nespressokapseln über Korken bis zu Schutt von der Heimbaustelle.
Roswitha Leutenegger, welche kürzlich glücklich ihren fünfzigsten Geburtstag feierte, geniesst den Ansturm. WC-Rollen und Kartonüberzüge von Yoghurtbechern – immer kleiner und feiner trennt Zollikons Einwohnerschaft recycelbaren Materialien vom Sperrgut.
Gewachsenes Bewusstsein
Dem war aber nicht immer so. Als sie vor dreizehn Jahren an der Sammelstelle zu arbeiten begonnen habe, hätten die meisten Bürgerinnen und Bürger überhaupt nichts von deren Existenz gewusst, erzählt Roswitha Leutenegger. Umso erfreulicher sei es zu sehen, dass mehr Leute eine bewusstere Lebenshaltung eingenommen hätten. Auch immer mehr Kinder erschienen an der Sammelstelle, um den Eltern beim Sortieren zu helfen. Ob das am Eigeninteresse liegt oder am Zältli, welches sie nach erfolgreich einsortierten PET-Flaschen erhalten, sei dahingestellt.
Des Öfteren werden aus Versehen Schlüssel oder Mobiltelefone in die Kartonmulde geworden. Dann beginnt das grosse Wühlen. «Die Kartonempfänger in Deutschland freut es», erzählt die Recycling-Fachfrau. «Es hat sich herumgesprochen, dass in den Schweizer Kartonballen immer mal wieder Bargeld zu finden ist.» Der ZoBo hatte über das Ereignis berichtet, als sogar eine verstaubte Urne an der Dachslerenstrasse gelandet war. Roswitha Leutenegger hatte damals dankend abgewinkt, die Asche im eigenen Hintergarten zu verstreuen.
Aber auch das drollige Leben am Recycling-Palast birgt seine Schattenseiten. Manchmal sind sechs Kleiderschichten und ein Suppenkocher nötig, um in der winterlichen Kälte nicht zur Mumie zu erstarren.
Freude am Entsorgen
In den tiefblauen wachen Augen ist aber keine Spur von Ermüdung zu erkennen. Welches Geheimnis steckt denn nun hinter ihrer ansteckenden Energie? „Geduld und Anstand“, meint Roswitha Leutenegger und spricht, als wäre dies eine selbstverständliche Gabe. „Ich möchte, dass die Leute Freude haben am Entsorgen, sie sollen gerne hierher kommen.“
Roswitha Leuteneggers Zukunftspläne sind gesetzt – der Sammelstelle die Treue halten, und zwar bis zur Pension. «Ich liebe sie über alles.» (aw)
Lesen Sie das ganze Porträt über Roswitha Leutenegger im aktuellen «Zolliker Bote» vom 17. Apri 2014.