06/2013 Lambarene braucht uns

Lambarene braucht uns

Mit der Kindergeschichte «Mona in Afrika» möchte Rahel von Gunten Familien und Schulklassen einen Einblick ins Leben und Wirken von Albert Schweitzer zu vermitteln. Und sie dazu anzuspornen, sich – wo auch immer – für ein eigenes Lambarene einzusetzen.

Rahel von Gunten packt gerne an. Immer schon war sie so. Sie hilft gern und gibt nicht auf, auch wenn es ein paar Umwege braucht, um ans Ziel zu kommen. Hindernisse und Umwege fürchtet sie nicht, längst hat sie erfahren, dass diese neben dem Ungemach durchaus auch schöne und bereichernde Seiten haben können. Vorausgesetzt, es steht einem in der ärgsten Not jemand zur Seite.

Als sie mit fünf Jahren längere Zeit im Spital verbringen musste, halfen ihr die vielen Zeichnungen ihrer Kamerädli, welche ihre Kindergärtnerin ihr brachte, über viele Stunden hinweg und stärkten ihren Willen, den bösartigen Tumor in ihrem Bauch zu bezwingen. Wie nahe sie damals dem Tod gewesen war, habe sie erst später als Teenager realisiert, sagt sie, als Kind habe sie nur gewünscht, möglichst schnell zu den Kindern auf den Spielplatz zurückzukehren.

Später hat sie es dann aber doch doppelt genossen, gesund zu sein, die warme Sonne auf der Haut zu spüren, mit der Pfadi durch den Wald zu streifen. Zwei Dinge blieben der heute Dreissigjährigen stets bewusst: Gesundheit ist nicht selbstverständlich und es ist wunderbar, nicht allein zu sein. Das hat sie geprägt. Gerne möchte sie weitergeben, was sie erfahren hat, und nun selbst jemand sein, der anderen Menschen hilft.

Der Einsatz für Lambarene – ein Familienprojekt

Als sie ihr Götti Fritz von Gunten, der Stiftungspräsident des Hilfsvereins Albert Schweitzer, anfragte, ob sie ihm mit ihrem Wissen als Primarlehrerin nicht behilflich sein könnte, der jungen Generation Schweitzers Lebenswerk in Lambarene  ans Herz zu legen, zögerte sie keinen Moment. «Der gabunische Ausdruck Lambarene bedeutet auf deutsch ‚wir wollen es versuchen‘», erklärt sie. «Das Angebot mitzuhelfen und zu versuchen, eine Kindergeschichte zu schreiben, liess mein Herz gleich höher schlagen, ich stürzte mich sofort in die Arbeit.» In ihrer Freizeit wohlgemerkt. Denn ihre Energiespeicher sind voll. Ihre Alltagstätigkeiten als Primar- und Rhythmiklehrerin sowie Fachfrau für die Integration von Sonderschülern lassen dies im Moment zu. Ja, es bleibt sogar noch Platz fürs Geigenspielen und Weiterbildungspläne.

Erst las sie alles, was sie über Albert Schweitzer finden konnte. Dann machte sie sich auf den Weg zu dessen Enkelin Monique Egli. Diese, selbst bereits über 70 Jahre alt, empfing Rahel von Gunten herzlich und blätterte gerne mit ihr die grossväterlichen Fotoalben durch. Die Zollikerin schrieb einen ersten Entwurf.  Sie erfand eine fiktive Geschichte, in der ein neunjähriges Mädchen aus Männedorf auf dem Estrich Briefe ihres Ururgrossvaters findet und ins Träumen gerät.

«Mit dem ersten Entwurf war ich nicht ganz zufrieden», gesteht sie. «Erst dachte ich, der Grund sei, dass ich mich zu wenig von all den Erwachsenenbüchern, die ich über Albert Schweitzer gelesen hatte, lösen konnte – doch dann merkte ich, dass mir einfach eine eigene Reise nach Lambarene fehlte. Ich würde die Authentizität die mir vorschwebte, nur schriftlich festhalten können, wenn ich sie selbst erlebt hatte.»

Ich musste es mit eigenen Augen sehen

Kaum gedacht, schon umgesetzt. In den Sommerferien 2013 flog Rahel von Gunten für zwei Wochen nach Gabun, reiste nach Lambarene und besuchte das Urwaldspital am Fluss.

Die Reise nach Lambarene war für sie nicht nur der Kindergeschichte wegen einzigartig. «Nie werde ich vergessen, wie spontan ich mit offen Armen in Lambarene aufgenommen wurde. Obwohl mein Französisch nicht mehr ganz à jour war, spielten die Kinder sogleich mit mir, die Hebamme nahm mich als Assistentin mit in den Dschungel zur Mütterberatung, der Stiftungspräsident führte mich durch die Hauptstadt Libreville. Ich sah viele lachende Gesichter, viel Solidarität – und viel schockierendes Chaos und Elend.»

Nun ist die Kindergeschichte geschrieben. Heute Abend ist in Männedorf Buchpremiere. Rahel von Gunten freut sich. Alle Wege und Umwege dafür haben sich gelohnt. Das Büchlein ist ihr gelungen. Sie hofft, damit vielen Schulklassen und Familien das Leben und Wirken Albert Schweitzers nahezubringen und sie dazu anzuspornen sich – wo auch immer ‒ für «ein eigenes Lambarene in der heutigen Zeit» einzusetzen. (db)

Vernissage: Freitag, 7. Februar, 19 Uhr, Gemeindesaal Männedorf.