(Un)fassbar stumm

































































Die schönsten drei Tage gingen zu früh zu Ende: Am Montag endete die Zolliker Chilbi bereits um Mitternacht und nicht wie gewohnt um zwei Uhr morgens. Unverständlich, finden die eingefleischten Chilbigänger. Jetzt müsse eine Diskussion aufkommen, sagt der Gemeinderat.
Der Montagabend an der Zolliker Chilbi: die Fassbar gut besucht, die Stimmung ausgelassen, die Party in vollem Gange. Es wird geredet und getanzt, farbige Leuchtringe blinken im Takt der Musik, die Gesichter sind fröhlich. Wie jedes Jahr, könnte man meinen. Doch der in Zollikon zur Tradition gehörende letzte Chilbiabend am Montag nimmt ein ungewohntes Ende: Punkt Mitternacht wird der Stecker gezogen, die Musik verstummt. Verdutzte Gesichter statt tanzende Körper. «Gemeinderatsbeschluss», versuchen die Verantwortlichen hinter den Bartresen zu erklären. Buhrufe und Sprechchöre sind die Reaktionen darauf.
Dass dieses Jahr früher Schluss ist, stösst bei vielen auf Unverständnis. Vor Ort wird am Montagabend angeregt diskutiert, vehementes Kopfschütteln zeigt sich sowohl in der Fassbar wie auch einige Meter davon entfernt in der Festwirtschaft der Seeretter. Nur wenige Stunden später treffen auch bereits die ersten Leserbriefe beim ZoBo ein.
Der Montagabend gehört den Zollikern
Von den gekürzten Öffnungszeiten war nicht nur der Montagabend betroffen, auch am Samstagabend wurde der Betriebsschluss von vier Uhr morgens eine Stunde vorverlegt. Am Samstag seien die Leute ohne gross zu jammern nach Hause gegangen, sagt Frank Fischli, einer der Betreiber der Fassbar. Den Entscheid des früheren Schlusses gefällt hat der Gemeinderat vor einem Jahr. Am Samstag und Sonntag sei der Alkohol das Problem gewesen, für den Montagabend hätte die Gemeinde Lärmklagen erhalten, erklärt Gemeinderat Daniel Weber. Vor den Sommerferien stellte der Chilbiverein ein Wiedererwägungsgesuch, der Gemeinderat möge seinen Entscheid aufheben. Auf das Alkoholproblem in der Fassbar werde mit Armbändern, die am Wochenende an Minderjährige abgegeben werden, reagiert, von den gekürzten Öffnungszeiten solle aber abgesehen werden, lautete das Begehren. «Einen einmal gefällten Entscheid können wir nicht einfach gleich wieder aufheben», sagt Martin Hirs, als Polizeivorsteher zuständig in dieser Angelegenheit. Zusammen mit Daniel Weber und Jürgen Schütt war er am Montagabend bis nach Mitternacht vor Ort, um sich ein Bild zu machen. «Jetzt haben wir die Auswirkungen des Entscheids gesehen», sagt er, «nun können wir überprüfen, ob es der richtige Weg war.» Dass nun eine Diskussion aufkommt, würden Daniel Weber und Martin Hirs begrüssen, wie sie gegenüber dem Zolliker Boten erklären. Die Lautstärke zu regulieren, dafür am Montagabend die Öffnungszeiten bis zwei Uhr morgens beizubehalten, würden viele Zolliker wohl begrüssen. Ganz besonders dieser Abend ist ein Treffpunkt vieler in der Gemeinde Aufgewachsener, welche die Gunst der späten Stunde gerne für ein gemütliches Beisammensitzen oder Abtanzen miteinander nutzen. Das grossartige Fest in der «Schlafgemeinde» dürfe nicht zur Schlaf-Chilbi werden, findet Leser Heiner Lang. Eine Gruppe Zolliker, die einen Leserbrief gleich mit mehreren Unterzeichnenden der Redaktion zukommen liess, findet es gar seltsam, dass «die gleichen Politiker, die den fehlenden Zusammenhalt in der Gesellschaft und das Auseinanderdriften unterschiedlicher sozialer Milieus beklagen, durch Paragraphenreiterei einen Anlass, der seit Jahren genau diesen Zusammenhalt und Austausch in einem fröhlichen Rahmen gefördert hat, zerstören». Ihr Schlusswort: «Schlaf gut, lieber Gemeinderat!» (mmw)
Lesen Sie den ausführlichen Bericht im aktuellen «Zolliker Bote» vom 23. August 2013.