Genossenschaft lockert Statuten
Nicht nur die Wohnungspreise werden immer teurer, auch die Gesellschaft verändert sich. Die Junge Baugenossenschaft Zollikon passte ihre Statuten an, damit junge Familien in Zollikon weiterhin zu günstigem Wohnraum kommen.
Ein junges Paar, das zusammenzieht, die Familienplanung vielleicht bereits im Hinterkopf, aber erst ein kleines Einkommen hat, soll an der Schützenstrasse 47 in Zollikon günstig wohnen können. Das ist das Ziel der Jungen Baugenossenschaft Zollikon (JBZ), die an besagter Adresse sieben Wohnungen vermietet. 12 Erwachsene und 13 Kinder im Alter von 1 bis 13 Jahren bewohnen zurzeit diese Räumlichkeiten. Die jungen Familien, meistens ist ein Elternteil selber in Zollikon aufgewachsen und zur Schule gegangen, sind glücklich, in der Gemeinde wohnhaft bleiben und ihre Kinder hier grossziehen zu können. Die Statuten der JBZ vermochten die Stimmung einiger Familien in letzter Zeit jedoch zu trüben.
Im Gegensatz zu den meisten anderen Genossenschaften die Einkommensobergrenzen und Mindestbelegungen festlegen, gibt es bei der JBZ jedoch noch weitere Bestimmungen. Unter anderem regeln die Statuten auch Altersbeschränkungen. So musste bis anhin eine Familie die Wohnung verlassen, sobald das jüngste Kind die Primarschule abgeschlossen hatte. Ebenfalls ausziehen musste ein kinderloses Ehepaar bei Vollendung des 40. Lebensjahres des jüngeren Partners. Mit dem Aufruf «Unmögliches möglich» zu machen, taten sich die Mieter der Schützenstrasse 47 zusammen, um an der Generalversammlung von vergangenem Dienstagabend die Statuten zu ändern und den Artikel 28 über die Zweckentfremdung neu zu regeln. So soll nicht mehr die Primarschule ausschlaggebend sein für einen Wegzug, sondern das Ende der obligatorischen Schulpflicht. Beim jüngeren oder alleinstehenden Elternteil sowie auch bei einem kinderlosen Ehepaar soll die Altersbegrenzung zudem auf 43 erhöht werden.
Ungünstiger Zeitpunkt
Am Dienstagabend wandte sich Rahel Spinner im Namen der Bewohner anlässlich der GV nochmals an die rund 28 Anwesenden, die häufig auch noch Vollmachten für die restlichen Genossenschafter auf sich trugen. Das Alter von 12 oder 13 Jahren sei eine schwierige und unsichere Zeit für ein Kind. «Die Primarschule geht zu Ende, der Übertritt in die Sekundarschule steht an und auch die Pubertät beginnt.» Einem Kind während dieser Zeit auch noch einen Umzug zumuten zu müssen, erachtet sie als falsch. Zumal bei zwei oder mehreren Kindern die älteren Geschwister, die häufig mitten in der zweiten oder dritten Oberstufe sind, von einem Umzug und allfälligen Wohnortwechsel ebenfalls betroffen wären. Die Anwesenden unterstützten das Anliegen einstimmig und nach kurzer Diskussion über die Anpassung des Alters erreichte auch dieses Begehren die erforderliche Zweidrittelmehrheit. Der Präsident Andrea Töndury zeigte sich erfreut über den Ausgang der Abstimmungen. «Das Wohl des Kindes steht für uns stets an erster Stelle», die Änderung der Statuten, die nun einen Wohnortswechsel hinauszögert, komme diesem nur zugute.
In Zollikon lebt jeder Zehnte in einer der zehn Baugenossenschaften, die in der Gemeinde Liegenschaften besitzen. Neben den gemeindeeigenen Wohnungen stehen für über 1200 Einwohner Genossenschaftswohnungen zu günstigen Konditionen zur Verfügung. Mit 188 Wohnungen gehört die Neue Baugenossenschaft Zollikon (NBZ) zu den grössten ortsansässigen Baugenossenschaften. Bezahlbarer Wohnraum heisst für die NBZ, dass ältere 4-Zimmer-Wohnungen für unter 1000 Franken zu haben sind, modernere 4,5 Zimmer-Wohnungen kosten zwischen 1500 und 1900 Franken im Monat. Wie die Verwalterin Erika Rückstuhl auf Anfrage sagt, könne sie sich vor Anmeldungen kaum retten. «Ich habe einen ganzen Ordner voll, günstiger Wohnraum in Zollikon ist sehr gefragt.» Auch die Junge Baugenossenschaft Zollikon würde gerne wachsen können, meint Andrea Töndury. Dafür wäre sie aber auf Liegenschaften der Gemeinde angewiesen, die im Baurecht abgegeben werden. Letztmals der Fall war dies 1995 mit Liegenschaften an der Fohrbachstrasse. Vielleicht ergibt sich ja mit dem frei werdenden Beugi-Areal eine solche Gelegenheit. Der Ruf nach bezahlbarem Wohnraum war auf an der Planungswerkstatt von wenigen Wochen über die Zukunft des Areals auf jeden Fall unüberhörbar. (mmw)
Lesen Sie den ausführlichen Bericht im aktuellen Zolliker Bote vom 12. Juli 2013