«Schuldgefühle bringen niemandem etwas»
Maya Onken, Bestsellerautorin und Leiterin des Frauenseminars Bodensee, gastiert nächste Woche im Kirchgemeindehaus Zollikerberg. Mit dem Zolliker Boten sprach die zweifache Mutter über das familiäre Dauerjonglieren, den Balanceakt eines Seitenspringers und weshalb es eine Schulung bräuchte, um Verführungen zu widerstehen.
Frauen sind Künstlerinnen, denn sie müssen balancieren können. So lautet das Vorwort zu Ihrem Vortrag «Frau sein – ein Balanceakt». Ab wann begeben wir Frauen uns auf diesen Seiltanz?
Maya Onken: Los geht’s mit dem Balanceakt in dem Moment, in dem das Thema Kinder zur Sprache kommt. Frauen müssen einen Entscheid fällen – einen wesentlichen Entscheid, der das Leben prägen wird. Ab diesem Zeitpunkt sind die verschiedenen Balanceakte unumgänglich. Der Balanceakt ist nicht nur vorprogrammiert für Frauen, die Kinder haben und arbeiten, auch das Anforderungsprofil an die reinen Hausfrauen stieg vehement. Die Erwartungen an die Kindererziehung sind riesig, das Engagement vieler Frauen an ganz unterschiedlichen Fronten enorm. Überforderungen können überall auftreten.
Sie sprechen die Überforderungen an, die überall lauern. Inwiefern sind wir für diese Überforderungen selber verantwortlich – ist es nicht so, dass viele Frauen die Anforderungen an sich selber schlicht und einfach zu hoch stellen?
Ganz genau. Viele Frauen haben das Gefühl, ihr gewähltes Modell stets rechtfertigen zu müssen. Sie möchten in ihrem Modell auch besonders gut sein, um zu zeigen, dass das gewählte Modell das richtige ist. Dies führt zu massloser Überforderung und leider eben auch zu keinerlei Solidarität unter Frauen. Es geht oftmals um das perfekte Bild, das eine Frau von sich geben will.
Sie sind Direktorin des Frauenseminars Bodensee, Bestsellerautorin, Tänzerin, zweifache Mutter.
Wie halten Sie die Balance?
Ich bin selber so eine Zirkusakrobatin, die einfach versucht, jede Woche möglichst wenig Scherben zu produzieren. Ich renne zwischen den verschiedenen Tellern hin und her, gebe mein Bestes und frage mich aber auch immer wieder, welche Teller überflüssig sind, welche in die Brüche gehen dürfen, vielleicht sogar längst hätten ersetzt werden müssen. Ich nehme mir auch ganz bewusst immer wieder Auszeiten. Einmal im Jahr mache ich meinen Egotrip, gehe ganz alleine weg, gehe in mich, überdenke all meine Stöcke und treffe Entscheidungen.
Ihr Mann hat Ihren beiden Töchtern zuliebe auf seine akademische Karriere verzichtet. Hätten Sie dasselbe getan?
Ich habe auf eine geradlinige Karriere zugunsten der Kinder verzichtet und habe von Anfang an 60% gearbeitet. Mein Mann wählte eine 80-Prozentstelle. Das war die Vereinbarung und die Bedingung, überhaupt Kinder zu bekommen.
Auch am Balancieren sind Seitenspringer: Sie manövrieren auf Lügennetzen und -seilen, laufen stets Gefahr aufzufliegen. Im November haben Sie mit «SOS Affäre» eine Fachstelle für Betroffene eröffnet. Wie ist die Unterstützung angelaufen?
Sehr gut, wir haben regen Betrieb. Am Anfang haben sich vor allem Frauen gemeldet, nun haben wir aber bereits auch Männer, die zu uns kommen. Gross Werbung gemacht haben wir nicht, aber die Fachstelle spricht sich rum.
Entweder man hat eine Affäre, wird betrogen oder man ist der oder die Geliebte. Glauben Sie, dass jeder von uns mal in eine dieser Positionen gerät?
Bis wir 90 sind, ist bestimmt jeder von uns einmal in eine solche Situation gekommen, ja, das glaube ich. (Mit Maya Onken sprach Melanie Marday-Wettstein)
Lesen Sie das ausführliche Interview im aktuellen «Zolliker Bote» vom 7. Juni 2013.
Am Dienstag, 11. Juni, 19.30 bis 21 Uhr, referiert Maya Onken zum Thema«Frau sein – ein Balanceakt»
im Kirchgemeindehaus Zollikerberg.