22/2013 Interview Viktor Giacobbo

«Mich nachher selber anzuschauen ist das Härteste!»

Soll Deutschland als 27. Kanton der Schweiz beitreten? Viktor Giacobbo im exklusiven Interview mit dem Zolliker Boten über seinen neuen Film «Der grosse Kanton» und sein Verhältnis zu den Deutschen.

Deutschland als 27. Kanton der Schweiz: Was ist Ihre persönliche Meinung dazu?

Viktor Giacobbo: Meine Meinung dazu kann ich nicht einfach so sagen. Darum habe ich einen fast 90-minütigen Film gemacht. Dieser enthält allerdings nicht nur meine Meinung, sondern auch die weiterer Personen. Diese nehmen teilweise ernsthaft Stellung zu dieser zugegebenermassen absurden These.

Sie bezeichnen Ihren Film als satirische Dokumentation. Was sind Ihre Vorbilder für dieses Genre?

Das Vorbild ist unsere Sendung „Late Service Public“. Wir nehmen ein satirisches Thema und reden mit Gästen, häufig auch mit Politikern. Im angelsächsischen Raum nennt man so einen Film einen „Mockumentary“. Am ehesten verwandt fühle ich mich mit dem politischen Satiriker Bill Mahr bzw. seinem Film „Religulous“. Unser Film ist aber eigenständig und ohne Vorbild.

An wen richtet sich der Film? An die Deutschen oder die Schweizer?

Der Film ist primär für die Deutschschweizer gemacht. Denn die enthaltenen Anspielungen richten sich primär an sie. Aber die in der Schweiz lebenden Deutschen kommen am meisten auf ihre Rechnung, würde ich behaupten.

Wie muss man sich den kreativen Prozess bei der Entstehung des Films vorstellen? Hatten Sie von Anfang an einen fixfertigen Plan, oder sind während der Produktion neue Elemente dazu gekommen?

Ganz deutlich das zweite. Ich habe erst jetzt vom Film ein exaktes Drehbuch. Am Anfang hatten wir eine Liste mit den Grund-Themen. Dann wollten wir das Thema ausweiten: mit der Lombardei, mit den Habsburgern, etc. Dann musste ich zu den Leuten gehen und mit ihnen reden. Dabei sah man, dass das und das auch ein Thema sein könnte. Es war „Work in Progress“. Wir sind deshalb auch nicht zum Bund gegangen, um Produktionsbeiträge einzufordern. Das wäre auch nicht möglich gewesen. Ich hätte nur mit einem A4-Blatt hingehen und die Absicht schildern können. Das hätte keiner Kommission genügt. Die brauchen mehr Material, um darüber entscheiden zu können, was lustig ist und was nicht. Die Spezialisten, die dort sitzen.

Wie haben Sie die Leute ausgewählt? Sind es nicht etwas die üblichen Verdächtigen?

Wann haben Sie jemals in einem Schweizer Dokumentarfilm über die Schweiz Frank-Walter Steinmeier, Gregor Gysi, Joschka Fischer, Cem Özdemir gesehen? Da sehe ich die üblichen Verdächtigen nicht so wahnsinnig, ehrlich gesagt. Unsere Ausgangsfrage war: Was haben diese Leute zu tun mit der Schweiz? Gysi stammt ursprünglich aus der Schweiz. Roger de Weck hat drei Bücher publiziert über die Schweiz und Deutschland, Peter von Matt sowieso, Roger Schawinski hat ein deutsches Unternehmen geleitet; Harry Hohmeister leitet als Deutscher die Swiss, Grübel ist ein bekannter Banker, Filippo Lombardi als Ständeratspräsident zum Thema Föderalismus bzw. zur Frage „Was passiert mit dem Tessin?“, Christian Levrat als Welscher, die SVP als notorische Kritikerin gegenüber Ausländern. Deshalb finde ich die Auswahl sinnvoll.

Fehlt jemand im Film, den Sie gern gehabt hätten?

Ja, Angela Merkel. Aber ob sie etwas Wesentliches hätte beitragen können, muss offen bleiben. Wahrscheinlich hätte sie etwas ziemlich Weichgespültes gesagt. Die Schweiz ist die Schweiz, Deutschland ist Deutschland, wir respektieren uns als Nachbarn oder so.

Was muss man wissen, wenn man sich für den Film interessiert?

Man muss zuhören wollen. Es ist ein kleiner Film, der in kleineren Kinos läuft für diejenigen Leute, die zuhören wollen und die sich dafür interessieren. Wer Action will, ist am falschen Ort. Das kann ich nicht genug betonen. Mit Viktor Giacobbo sprach Daniel Frey, Zollikon (CultureCom GmbH)

Lesen Sie das ausführliche Interview im aktuellen «Zolliker Bote» vom 31. Mai 2013.