Es lachten nicht nur die «Bösen»













































































Ein volksnaher Bundespräsident, eine amtierende Königin, starke Kämpfer und strahlender Sonnenschein – das 103. Zürcher Kantonal-Schwingfest in Zollikon lief wie am Schnürchen.
Wer hätte das gedacht? Nach von endlosem Grau dominierten Tagen und fast schon abgeschriebenem Frühling präsentierte sich das Wetter vergangenen Sonntag so, wie es sich wohl kaum mehr jemand getraut hatte zu erträumen: königlich! Petrus muss wahrlich ein Schwinger sein. Um die Wette mit der Sonne strahlte der OK-Präsident Jürg Widmer. Die Organisation des Grossanlasses lief perfekt: Vom Festführer über die Infrastruktur bis zur exakten Einhaltung des Zeitplans, an nichts hatte es gefehlt am 103. Zürcher Kantonal-Schwingfest. In seiner Ansprache bedankte sich der OK-Präsident denn auch herzlich für die grossartige und vielfältige Unterstützung, die er von den Vereinen und Behörden, aus der Gesellschaft und aus der Politik erhalten habe. Ein «Tränchen» habe er verdrücken müssen, sagte Jürg Widmer, als die Infrastruktur fertig aufgestellt war.
Gut gelaunt zeigte sich auch Bundespräsident Ueli Maurer, der um 14 Uhr die Festansprache hielt. Der Magistrat tauchte bereits am frühen Morgen auf dem Festgelände auf und verfolgte die Duelle von Beginn weg. «Das Anschwingen darf doch nicht verpasst werden», stellte er, der auf der Ehrentribüne Platz nahm, mit einem Augenzwinkern fest, «alles andere wäre doch unhöflich.» Vier bis fünf Schwingfeste würde er pro Jahr besuchen und als kleiner Bub habe er auch mal einen «Hoselupf» gewagt, verriet er dem Zolliker Boten, «heute würde mir dieser Mut fehlen, bin ich doch viel zu klein», sagte er lachend. In seiner Rede sprach er von der Bodenständigkeit unseres Landes, die diese traditionsreiche Sportart perfekt verkörpern würde. «Die Schweiz ist ein wunderbares Land. Wir sollten stolz sein auf unsere Werte und uns im Ausland nicht ständig entschuldigen», wandte sich Ueli Maurer an das Publikum.
Athletische Königin
Zollikon empfing auch eine waschechte Königin: die Schwingerkönigin Sonja Kälin. Bei ihr heisst es nicht, «wer ist die Schönste im ganzen Land?», sondern wer ist die «Böseste». Die 28-Jährige aus Einsiedeln, die vergangenen Herbst auf dem Stoos zur Königin gekrönt wurde und in Zollikon als Ehrengast teilnahm, könnte aber auch bei der ersten Frage gut mithalten. Der sympathischen jungen Frau mit dem herzhaften Lachen und der sportlichen Figur sieht man die Schwingerin nicht an. «Ich werde tatsächlich oft ungläubig angeschaut, wenn ich sage, dass ich schwinge. Viele meinten sogar, ich würde schwingen und schwimmen verwechseln», sagt sie und erklärt, was die Unterschiede zum Kampf unter den Männern ausmachten: Technik, Schnelligkeit und Wendigkeit. Mit ihrem Titel, der auch auf grosses mediales Interesse gestossen sei, hoffe sie, junge Frauen für den Schwingsport motivieren zu können. «Ich bin überzeugt, dass viele Freude daran hätten, würden sie es einmal ausprobieren.»
Nicht mehr «an der Arbeit» sehen, wie es im Schwinger-Jargon heisst, konnte der Bundespräsident, weil er sich zu diesem Zeitpunkt bereits auf der Reise nach Rom befand, den Sankt Galler Daniel Bösch. Kurz vor 17 Uhr legte dieser vor proppenvollen Zuschauerreihen den Mitfavoriten Edi Philipp mit einem Kurz zu Boden und feierte seinen zweiten Kranzfestsieg hintereinander und den siebten insgesamt. «Heute passte alles hervorragend», freute er sich über seinen Sieg und lächelte neben dem Lebendpreis, dem Muni «Gorbatschow», in die zahlreichen Kameras. Nicht nur für ihn ging damit ein perfekter Tag zu Ende. Oder um in der Schwinger Sprache zu bleiben: Verlierer gab es an diesem Sonntag keine. (mmw)
Der ausführliche Bericht sowie ein Interview mit Ueli Maurer ist im aktuellen «Zolliker Bote» vom 10. Mai 2013 zu lesen.