34/2012 Der erste Schultag

«Wer fröit sich alles uf d’Schuel?»

Am Dienstag begann für insgesamt 101 Primarschulkinder der sogenannte Ernst des Lebens. Eines von ihnen ist Timothy Elben.

«Ja, ich freue mich auf die Schule», bestätigt Timothy Elben kurz vor Schulbeginn mit strahlenden Augen. Als er am Dienstagmorgen mit Mutter Judy und Vater John die Treppe zu seinem Schulzimmer im Schulhaus Rüterwis in Zollikerberg heraufstapft, strahlt er zwar immer noch, ist sich seiner Sache aber nicht mehr ganz so sicher. Er ist froh, kann er sich an der Hand seiner Mutter festhalten. Sein Lehrer André Brandes begrüsst ihn freundlich. Timothy setzt sich im Gang auf den Boden, zieht seine Turnschuhe aus und die Finken an. An seinem Platz hängt eine Zeichnung mit seinem Namen. Diese hat er schon vor den Sommerferien gezeichnet – zusammen mit den damaligen Drittklässlern. Timothy sitzt in der ersten Reihe zwischen Lavina und Jesus. „Schau, dort ist dein Platz“, zeigt ihm seine Mutter den Weg. Doch jetzt ist das Strahlen weg, Tränen steigen auf. Doch Gott sei Dank gibt es ja ein Mami. Sie setzt sich kurz hinter ihn, dann hat Timothy alles wieder im Griff.

Mit Begrüssungsritual aufgenommen

Timothys Lehrer erklärt den Kindern, wofür die Schreibschachtel gedacht ist, die bereits vor ihnen auf dem Tisch steht. Am ersten Tag ist sie erst mit einem Gummi, einem Bleistift und einem Spitzer gefüllt. „In der 3. Klasse werdet ihr dann viel mehr in der Schachtel haben“, weiss André Brandes aus Erfahrung. Es ist bereits sein dritter Klassenzug im Schulhaus Rüterwis. Er fragt die Kinder, was sich alles geändert habe, seit sie vor den Sommerferien ihr Klassenzimmer anschauen durften. „Die Zeichnungen hinten an den Kastentüren sind weg“, bemerkt ein Mädchen sofort. „An der einen Wand hängen die Buchstaben des Alphabets“, ergänzt ein Junge. Auch die Wandtafel ist noch fast leer, und die Tische stehen anders als beim Besuch. Die 22 Erstklasskinder beteiligen sich an diesem Suchspiel schon so, als würden sie es nicht zum ersten Mal machen.

Anders an diesem ersten Schultag ist auch die Begrüssung. Draussen auf dem Pausenplatz haben sich alle Schülerinnen und Schüler von der 2. bis 6. Klasse in einer Schlangenlinie aufgestellt, immer zwei gegenüber. So bilden sie einen Tunnel. Begleitet vom Rüterwis-Song schreiten nun die Erstklässler durch diesen Tunnel hindurch. Am Ende erhält jeder von ihnen eine Sonnenblume und einen Magnet in der Form eines kleinen Steins. Es ist ein schönes und auch eindrückliches Ritual, das den Zusammenhalt unter den Kindern festigen soll.

Richtig Schule

Wieder zurück im Klassenzimmer erhalten die Kleinen ihre Farbstiftschachtel und ihr erstes Heft – ein Zeichenheft. „Es ist das wichtigste Heft“, erklärt André Brandes. Denn immer wenn ein Kind mit einer Arbeit fertig ist, aber noch ein wenig Zeit bis zur Pause bleibt, darf es darin malen. An diesem ersten Schultag wird die erste Seite bereits in Anspruch genommen. Die Kinder malen ihren ersten Schultag. Das, was sie schon erlebt haben, oder was sie denken, dass sie noch erleben werden. Während die Kinder malen, informiert der Lehrer die Eltern über die nächsten Wochen bis zu den Herbstferien. Er erklärt, was ihm besonders wichtig ist: Die Kinder sollen auch in drei Jahren noch genauso motiviert zur Schule kommen wie am ersten Schultag. Denn ein motiviertes Kind lernt viel einfacher als eines, das nicht gerne zur Schule geht.

Motiviert sind die Kinder an diesem ersten Schultag auf jeden Fall. Sie machen eifrig mit, auch als ihr Lehrer von ihnen wissen will, was wohl wichtig ist in der Schule. „Rechnen“, weiss ein Mädchen. Auch lesen und schreiben will sie lernen. Dass man aufstrecken muss, wenn man etwas sagen will, gehört ebenso dazu. „Fussball spielen“, ist einem Jungen wichtig. Als ob er es gewusst hätte, läutet auch schon die Glocke das Zeichen zur grossen Pause. Zeit für den Znüni und natürlich das erste Fussballspiel als Erstklässler. (slb)