Mörderischer Raubzug










Othmar Weber verlor in den letzten Tagen all seine Enten, bis auf zwei. Der Rentner ist sicher, gleich mehrere Feinde in seiner Voliere zu haben
«Es war ein trauriges Bild, das sich mir vergangene Woche bot», erzählt Othmar Weber mit Blick auf die wenigen Tiere, die übrig geblieben sind. In seiner Voliere, in der bis vor kurzem über 20 Enten, verschiedene Hühner und Gänse untergebracht waren, wurde gewütet. Nach der Mitteilung seiner Nachbarin, bei ihr im Dachstock würde ein Marder samt Jungtieren leben, hätten seine Alarmglocken geläutet. Trotz aufgestellter Falle ist es passiert: Das hundeartige Raubtier riss zwei Hühner und sechs seiner Smaragd-Enten. Dem Rentner blieb nichts anderes übrig, als die Überreste seiner Tiere aufzulesen. Auch in Nachbars Stall war der Marder aktiv und riss mehrere Hasen.
Feind aus der Luft
Othmar Weber ist überzeugt, dass seine Tiere neben dem Marder noch einen weiteren Feind haben, und zwar einen aus der Luft: «Ich bin mir sicher, dass auch der Rotmilan wenige Tage nach dem Marder Jagd auf meine Enten gemacht hat.» Er habe den Raubvogel schon oft über seinem Gehege kreisen sehen und ihn auch schon bei sich zu Hause angetroffen. «Schon mehrmals hat der Greifvogel meine Wetterfahne angegriffen, auf der ein von Hand geschmiedeter Hahn aus Kupfer angebracht ist.» Diesen Verdacht teilt Sandra Schwarz von Birdlife Zürich nicht. «Enten gehören nicht unbedingt in das Beuteschema der Milane, sie machen Jagd auf kleinere Vögel wie Stare und Tauben.» Auch die Präsidentin des Ornithologischen Vereins Zollikon, Elisabeth Laine, hat nicht den Rotmilan in Verdacht. Wenn es wirklich noch einen Angreifer aus der Luft gibt, tippt sie eher auf den Habicht. Dieser sei aber tagesaktiv und seine mörderischen Raubzüge wären bestimmt nicht unbemerkt geblieben.
Kein neues Federvieh
In den vergangenen 45 Jahren hat Othmar Weber in seinem Tiergehege, in dem sich neben der Voliere auch ein Hasen- und ein Hühnerstall befinden, schon vieles erlebt. Den Fuchs konnte er dank eines stetig erweiterten Zaunes seit über 10 Jahren fernhalten und auch mit dem Marder hatte er lange Zeit keine grösseren Probleme. Dennoch sei ihm bewusst, dass immer etwas passieren könne, sagt der 88-Jährige, der seine Tiere mehrmals täglich besucht. Dass er nun aber innert zwei Wochen praktisch alle seine Enten verloren hat, macht ihn traurig und nachdenklich zugleich. Denn obwohl er sich ein Leben ohne Tiere nicht vorstellen könne, möchte er sich in seinem Alter eigentlich keine neuen mehr anschaffen. Zwar konnte er den Marder dank seiner Falle in den letzten Tagen stellen, zurücklehnen mag er sich deswegen aber nicht. «Mal schauen, was als nächstes kommt», sagt der Zolliker mit kritischem Blick in die Luft. (mmw)