Von der Objekt- zur Subjektsubventionierung
Freie Wahl in der Betreuungseinrichtung: Die Gemeinde leistet finanzielle Unterstützung mit direkter Auszahlung an die Eltern.
Während auf eidgenössischer Ebene alle drei Vorlagen am vergangenen Abstimmungswochenende verworfen wurden, hiessen die Zolliker den kommunalen Antrag gut: Bei einer Stimmbeteiligung von 47 Prozent haben die Stimmberechtigten an der Urne mit 2435 Ja zu 1138 Nein dem Beitragsreglement für die vorschulische familienergänzende Kinderbetreuung zugestimmt. Das neue Reglement erlaubt allen Eltern die freie Wahl der Betreuungseinrichtung innerhalb der Gemeinde. Finanziell unterstützt wird, wer die Voraussetzungen wie Wohnsitz und Krippe oder Tagesfamilienverein mit Standort in Zollikon sowie Einkommen und Vermögen bis zu einer bestimmten Grenze erfüllt. Die Auszahlung erfolgt direkt an die Eltern.
Wechsel des Finanzierungssystems
Mit der Einführung der Subjektsubventionierung wechselt die Gemeinde ihr Finanzierungssystem. Bis anhin hatte die Gemeinde den Verein Kinderkrippe Zollikerberg, welcher 1965 seine erste Krippe in Zollikon eröffnete, mit einem jährlichen Defizitbeitrag unterstützt. Diese Beiträge erlaubten es dem Verein, einkommensschwachen Familien und Alleinerziehenden einen Krippenplatz zu günstigen Konditionen anzubieten. Mit der wachsenden Nachfrage an familienergänzenden Betreuungsplätzen baute der Verein sein Angebot laufend aus, was den Anteil der subventionierten Plätze und somit den Defizitbeitrag stetig erhöhte. Seit längerem reichten die Gemeindebeiträge nicht mehr aus, weshalb der Verein zur Deckung des Ausgabenüberschusses sein Eigenkapital einsetzen musste. Auch entwickelte sich in dieser Zeit das Angebot stark. Leistete die gemeinnützige Institution vor 135 Jahren noch Pionierarbeit, bieten heute mit den Kinderkrippen Bienehuus, Ferdinand, KIDSatLake, Kidsplus, dem Tagesfamilienverein Zollikon und der Tandem International Multilingual School sechs weitere private Einrichtungen Betreuungsdienstleistungen an. Diese Entwicklung veranlasste den Gemeinderat zur Ausarbeitung eines neuen Finanzierungsmodells, bei dem nicht eine einzelne Einrichtung, sondern die Eltern direkt unterstützt werden.
Freie Krippenwahl
Mit dem Wechsel von der Objekt- zur Subjektsubventionierung erhalten die Eltern die freie Wahl und können jene Krippe auswählen, die ihren Bedürfnissen am besten entspricht, erklärt Otto Bieri, Leiter Wohlfahrtsabteilung der Gemeinde. «Aufgrund des neuen Beitragsreglements können die Eltern im Sekretariat der Sozialbehörde einen Antrag auf finanzielle Unterstützung stellen, wenn sie die im Reglement genannten Voraussetzungen erfüllen.» Theo Gerber, Inhaber der Kinderkrippe Bienehuus in Zollikon, begrüsst den Entscheid der Gemeinde. Er, der noch Krippen in vier weiteren Gemeinden führt, kenne es nicht anders, als Abkommen mit den Gemeinden zu haben. «Für mich ist es der politisch einzig richtige Weg.» Auch Sonja Maechler-Dent von der Tandem International Multilingual School findet das neue System grundsätzlich gut, da auch sie schon Anfragen von interessierten Erziehungsberechtigten hatte, die sich heute die Betreuung im Tandem nicht oder nicht vollumfänglich leisten konnten. Kritisch fände sie aber den im Beitragsreglement festgelegten Tagestarif von 120 Franken, da die meisten Krippen höhere Tarife verlangen würden.
Soziale Durchmischung
Für die Vereinspräsidentin der Kinderkrippe Zollikerberg, Gabrielle Stoll Corti, kam der Wechsel des Finanzierungssystems sehr abrupt und bescherte ihrer Krippe eine Menge zusätzlicher Arbeit. Dennoch findet sie es sehr sinnvoll, dass die Eltern in Zukunft die Beiträge direkt von der Gemeinde erhalten werden. Auch würde sich der administrative Aufwand für die Krippe verringern, da sich die Eltern direkt an die Gemeinde wenden müssten, um Unterstützung zu erhalten. Ihr liege auch die soziale Durchmischung sehr am Herzen, die mit der Einführung der Subjektsubventionierung erreicht würde. «Wir haben in unserer Krippe nicht nur Kinder aus finanziell besser gestellten Familien, das tut allen Kindern gut.» Entschärfung brächte die neue Regelung auch für das Problem mit den langen Wartelisten für einen Betreuungsplatz, da nun auf andere Krippen ausgewichen werden kann. Ob es mit sechs verschiedenen familienergänzenden Einrichtungen nicht bald zu einem Überangebot kommt, wird die Zukunft zeigen. (mmw)