Grenzen überschreiten, Brücken bauen










Der diesjährige Zolliker Kunstpreis wurde am Sonntagabend an den Musiker Fabian Müller verliehen. Der Anerkennungspreis ging an Nina Salis.
Der Zolliker Kunstpreis wird seit 1978 jedes Jahr von der Hintermeister-Gyger-Stiftung verliehen, abwechslungsweise in den Sparten Musik, Komposition, bildende Kunst und Literatur. Dieses Jahr zeichnete die Kulturkommission und der Stiftungsrat den Musiker Fabian Müller mit dem 10’000 Franken dotierten Hauptpreis aus. Der mit 5000 Franken dotierte Anerkennungspreis wurde der Musikerin und Sängerin Nina Salis überreicht. Rund 100 Personen wohnten am vergangenen Sonntag der Feier im Gemeindesaal bei, die in diesem Jahr unter dem Motto «Grenzen überschreiten, Brücken bauen» stand.
Gemeindepräsidentin Katharina Kull-Benz erklärte, dass der Kunstpreis nicht ausgeschrieben wird, und dass man sich dafür auch nicht bewerben kann. Die Kulturkommission und der Stiftungsrat – dieser besteht aus drei Mitgliedern des Gemeinderates – entscheiden jeweils, wer den Hauptpreis und wer den Anerkennungspreis erhalten soll. «Weshalb haben wir uns dieses Jahr so entschieden?» fragte Michael Gohl, Leiter der Musikschule Zollikon und Mitglied der Kulturkommission. Man habe sich auf das Motto «Grenzen überschreiten, Brücken bauen» konzentriert. «Die beiden Preisträger haben den Schritt von ihrem ursprünglichen Können in eine neue Dimension gewagt.»
Neue Wege in der Volksmusik
Fabian Müller befasst sich neben seiner Komponistenlaufbahn seit seiner Kindheit mit Schweizer Volksmusik und gilt als einer der massgebenden Vordenker und Erneuerer. Zwischen 1991 und 2002 arbeitete er an der Herausgabe der Hanny Christen-Sammmlung. Zudem war er Gründer und Leiter des Mülirad-Verlages und initiierte das «Haus der Volksmusik» in Altdorf. Als Musiker suchte Fabian Müller im „Neuen Original Appenzeller Streichmusik Projekt“ nach neuen Wegen in der Volksmusik. Fabian Müller lebt heute als freischaffender Komponist in Zürich und gehört zu den erfolgreichsten Schweizer Komponisten seiner Generation. «Ich frage mich, ob ich den Preis überhaupt verdient habe», bedankte sich Fabian Müller. Er sei für ihn eine grosse Freude und Überraschung. Wie und wofür er ihn verwenden werde, konnte er noch nicht sagen. Nur so viel: «Wir gehen damit sicher nicht in die Ferien. Ich werde das Geld zu gegebener Zeit in ein Projekt, also in Arbeit, investieren.»
Nina Salis spielt seit ihrem 5. Lebensjahr Geige. Nach ihrem 17. Lebensjahr zieht sie jedoch Gesang in Bands und a capella vor. Nach drei Jahren Phil. I-Studium mit Geschichte und Englisch verliess sie für die Musik die Universität und begann ihre Ausbildung an der Musikhochschule Luzern, wo sie von Bruno Amstad, Lauren Newton und Susanne Abbuehl unterrichtet wurde. Nina Salis gründete 2005 für ihr Diplomkonzert an der Jazzschule Luzern das Quintett Bellatrice. Seit drei Jahren tritt die Band regelmässig auf. Nina Salis ist neben ihrer Tätigkeit als Sängerin Mutter von zwei kleinen Kindern. Daneben arbeitet sie als Moderatorin und Jazzredakteurin beim Schweizer Radio und Fernsehen. Die Sängerin bedankte sich in ihrer kurzen Rede für den Preis, den sie zwischen Windelwechseln und Büchervorlesen erhalten hat. «Es ist für mich ein sehr schöner Preis. Er ist für mich eine Batterie für meinen Wiedereinstieg nach dem Mutterschaftsurlaub.»
Talent und Fantasie
«Musik schlägt einem die Worte aus der Hand, macht uns sprachlos. Musik ist auch wirksam, ohne dass wir sie verstehen. Dies ganz im Gegensatz zu Worten», sagte der Musiker Armin Brunner in seiner Laudatio für Fabian Müller. Mit Talent, Fantasie und Erfindungskraft komponiere dieser neue, eigenständige Musik. «Müllers Musik kommt ohne Lippenstift und Kosmetik aus», so der Festredner. Fabian Müller trage wesentlich zum Erfolg der Volksmusik bei. Er erbringe eine Pionierleistung sondergleichen, lobte Armin Brunner den Preisträger. Er habe die Volksmusik in den letzten zehn Jahren wesentlich mitgeprägt. «Das ist Schwerarbeit auf dem Kartoffelacker der Kultur.» Der Hauptpreisträger präsentierte im Anschluss einen Ausschnitt aus seinem künstlerischen Schaffen. Als Fabian Müller am Cello zusammen mit Töbi Tobler am Hackbrett und Peter Gisler am Kontrabass zu spielen begann, blieb kein Fuss mehr ruhig auf dem Boden. Während man glaubte, das Gehörte zu kennen, musste man sofort feststellen, dass man eben doch völlig neue, unkonventionelle Tonfolgen zu hören bekam. Ein wahrer Genuss – auch für Nicht-Volksmusik-Fans.
Nach einer Bild-Klang-Ton-Projektion über die Arbeit von Nina Salis erklärte der Jazz-Redaktor von DRS2 Jodok Hess in seiner Laudatio, dass ihre Musik groovt und tanzbar sei. «Ihre Musik schaut aber dennoch hinter die Grauzone.» Die Musik der Preisträgerin unterstehe einem dauernden musikalischen Prozess. Das Album «Bernard» ist denn auch eine Momentaufnahme dieses Prozesses.